14.01.2025

Kündigung einer Reise nach Unbrauchbarkeit Wohnmobil

Das OLG Frankfurt a.M. hat sich vorliegend mit den Rechtsfolgen der Kündigung eines Reisevertrages befasst, der die Zurverfügungstellung eines Wohnmobils einschließt, nach dessen Unbrauchbarkeit durch einen nicht verschuldeten Unfall. Das Verfahren betrifft zudem die Frage der Zumutbarkeit eines Abhilfeangebots.

OLG Frankfurt a.M. v. 12.12.2024 - 16 U 82/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer Pauschalreise, bestehend aus Flügen, Hotelaufenthalt, Transfers und der Buchung eines Wohnmobils, die in der Zeit vom 3.5.2022 bis zum 3.6.2022 in den USA stattfinden sollte, auf Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz i.H.v. zusammen rd. 6.700 € in Anspruch.

Nachdem am 17.5.2022 das Wohnmobil durch Fremdverschulden einen erheblichen Schaden erlitten hat, konnte die Reise mit ihm nicht fortgesetzt werden. Der Kläger und sein Begleiter haben, nachdem sie bis dahin kein Ersatzfahrzeug erhalten hatten, die Reise am 20.5.2022 abgebrochen.

Das LG gab der Klage i.H.v. rd. 5.000 € nebst Freistellung von vorgerichtlichen Kosten statt. Der Umstand, dass das Fahrzeug ab dem 17.5.2022 dem Kläger nicht mehr habe zur Verfügung gestellt werden können, begründe einen Reisemangel, und die Beklagte habe eine Abhilfe verweigert bzw. später nicht innerhalb angemessener gesetzter Frist erbracht. Auf die Berufung der Beklagten änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage i.H.v. insgesamt 3.500 € statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Berufung der Beklagten ist lediglich teilweise erfolgreich, nämlich insoweit sie der begründeten Forderung im Berufungsverfahren einen Anspruch auf Zahlung von rd. 2.100 € wegen "doppelt erstatteter" Selbstbeteiligung" (aufrechnungsweise) entgegensetzt. Das LG hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 5.000 € aus den §§ 651k Abs. 2 Satz 1, 651l Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und § 651n Abs. 2 BGB verurteilt.

Das LG ist zu Recht von einem Reisemangel ausgegangen, für den die Beklagte nach §§ 651i ff. BGB einzustehen hat. Zu Unrecht meint die Beklagte, der Reisemangel sei hier unmittelbar in der Beschädigung des gebuchten Wohnmobils zu sehen. Die Integrität des Fahrzeuges ist als solche keine geschuldete Reiseleistung. Vielmehr hat das LG den Reisemangel zu Recht in der Nicht-zur-Verfügung-Stellung eines Wohnmobils ab dem 17.5.2022 gesehen, was nach dem Totalschaden des zunächst überlassenen Wohnmobils (jedenfalls vorübergehend) nicht mehr möglich war bzw. erfolgt ist. Dass die Nicht-zur-Verfügung-Stellung eines anderen Wohnmobils eine Maßnahme der Abhilfe wäre, trifft zu, ändert aber nichts am bis dahin bestehenden Reisemangel.

Entgegen der Meinung der Beklagten hat sich mit dem Unfall und dem Ausfall des ursprünglichen Campingfahrzeuges nicht ein nur den Kläger als Reisenden treffendes allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Soweit die Beklagte meint, dass wenn der Selbstfahrende in einen Unfall verwickelt werde, sich - anders als bei einer Busreise - schlicht das allgemeine Lebensrisiko verwirkliche, betrifft die Verwirklichung dieses Risikos nicht allein die Risikosphäre des Reisenden, sondern zugleich die des Reisveranstalters, wenn - wie hier - das von ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug beschädigt wird und nicht mehr benutzbar ist. Denn den Veranstalter trifft die Verpflichtung, es dem Reisenden zu überlassen. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Gestaltung von einer Erkrankung des Reisenden, in der sich nur sein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.

Das LG hat dem Kläger zur Recht die Hotel- und Mietwagenkosten vom 17.5.-21.5.2022 als Aufwendungsersatz für Aufwendungen aus § 651k Abs. 2 Satz 1 BGB i.H.v. rd. 1.200 € zuerkannt. Dabei hat es die Voraussetzung eines binnen angemessener Frist nicht nachgekommenen Abhilfeverlangens - jedenfalls für die ersten drei Tage bis zum 19.5.2022 - zu Recht deshalb nicht für erforderlich erachtet, weil die Beklagte vorübergehend eine Abhilfe verweigert hat. Es hat dies damit begründet, dass eine vorübergehende Verweigerung eben auch gegeben ist, wenn - wie hier - der Leistungsbringer erklärt, die Reiseleistungen in Form der Abhilfe erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen zu können oder zu wollen. Es ist unstreitig geblieben, dass die Beklagte nicht bereit gewesen ist, andere Hilfeleistungen wie Ersatzunterkünfte, Verpflegung oder Transfers zu stellen oder die Kosten dafür zu übernehmen.

Ungeachtet dessen kann der Kläger die ihm in den ersten drei Tagen nach dem Unfall entstandenen Aufwendungen jedenfalls deshalb erstattet verlangen, weil eine sofortige Abhilfe notwendig war (§ 651k Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. BGB). Denn bis zur Entschließung der Beklagten mussten der Kläger und sein Begleiter Unterkunft finden und auch von einer Mietwagenstation, an der die Polizei sie abgesetzt hatte, zu einer Unterkunftsmöglichkeit gelangen. Für die Aufwendungen ab dem 20.5.2024 dagegen ist die Voraussetzung des § 651k Abs. 2 S. 1 BGB gegeben, weil hier eine angemessene Abhilfefrist fruchtlos abgelaufen war.

Die geltend gemachten Kosten (Aufstellung Klageschrift S. 4 unten) sind auch im Umfang voll zu erstatten. Ein Verstoß des Klägers gegen eine Schadensminderungspflicht ist nicht zu erkennen. Da mit der Nicht-zur-Verfügungstellung eines Campingfahrzeuges ab dem 17.5.2022 ein Reisemangel gegeben war, hat das LG dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Reisepreisminderung vom 17.5.-21.5.2022 i.H.v. rd. 600 € zuerkannt. Das LG hat dem Kläger auch zu Recht aus § 561l Abs. 2 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Erstattung des Reisepreises für die nach dem 19.5.2022 entfallenen restlichen Reiseleistungen i.H.v. rd. 700 € (nach Abzug gezahlter Beträge) und auf Erstattung der (Zusatz)Kosten für den Rückflug von rd. 500 € zuerkannt. Auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs für vertane Urlaubszeit aus § 651n Abs. 2 BGB i.H.v. rd. 2.000 € haben die Berufungsangriffe keinen Erfolg. Die Berufung der Beklagten hat lediglich insoweit Erfolg, als die Beklagte geltend macht, dass der Kläger hinsichtlich der Erstattung der an den Autovermieter B geleisteten Selbstbeteiligung von rd. 2.100 USD eine direkte weitere Zahlung unmittelbar seitens des Vermieters erhalten hat, obwohl dieser Betrag ihm bereits von der Beklagten erstattet und der Rückforderungsanspruch gegen die B an die Beklagte abgetreten worden war.

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Rechtsprechung (Volltext der Entscheidung)
Kündigung einer Reise nach Unbrauchbarkeit Wohnmobil
OLG Frankfurt vom 12.12.2024 - 16 U 82/23

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