05.05.2025

Kündigung nach Nutzung eines gemieteten Hotels als Flüchtlingsunterkunft ohne Absprache mit dem Vermieter

Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung liegt vor, wenn der Mieter von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels der gehobenen Mittelklasse (Garni) sämtliche Zimmer des Hotels ohne Zustimmung des Vermieters einer Kommune auf der Grundlage eines Beherbergungsvertrages zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellt. Die unbefugte Gebrauchsüberlassung rechtfertigt sowohl eine Kündigung auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB als auch auf der Grundlage von § 543 Abs. 1 S. 2 BGB.

OLG Celle v. 17.4.2025 - 2 U 148/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Räumung und Herausgabe sowie Auskunft wegen gezogener Nutzungen nach außerordentlicher Kündigung eines Mietvertrags über die Anmietung von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels in Anspruch.

Die Parteien schlossen 2008 einen Mietvertrag für Gewerberäume, mit dem die Klägerin der Beklagten Räume zur "ausschließlichen Nutzung als Hotel der gehobenen Mittelklasse (Garni)" vermietete.

Im März 2022 schloss die Beklagte mit der Landeshauptstadt H. (nachfolgend LHH genannt) eine "Firmenvertrags-Vereinbarung 2022/2023 Beherbergung", wonach die LHH verbindlich sämtliche 79 Zimmer im C. Hotel K. zu Firmensonderpreisen pro Nacht und Zimmer buchte. In dem Vertrag heißt es u.a. wie folgt:

"§ 1 Gegenstand der Vereinbarung

Die LHH bringt dort aus aktuellem Anlass Flüchtige aus der Ukraine unter. ..."

Schließlich kündigte die Klägerin die Mietverträge außerordentlich und fristlos. Die Klage der Klägerin auf Räumung und Herausgabe sowie auf Auskunft über erzielte Mieteinnahmen war vor LG und OLG ganz überwiegend erfolgreich. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die erhobene Räumungsklage ist zulässig und begründet, nachdem die Klägerin die streitgegenständlichen Mietverträge wirksam außerordentlich gekündigt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Klägerin zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages berechtigt.

Gemäß § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grunde außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt. Ein wichtiger Grund liegt ferner dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Die Klägerin war sowohl nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB als auch nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt. Die Beklagte hat mit Überlassung sämtlicher Zimmer an die LHH zur Unterbringung von Flüchtlingen eine schuldhafte Vertragsverletzung begangen, welche die Klägerin zur Kündigung berechtigte.

Eine unbefugte Gebrauchsüberlassung liegt vor, wenn der Mieter von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels der gehobenen Mittelklasse (Garni) sämtliche Zimmer des Hotels ohne Zustimmung des Vermieters einer Kommune auf der Grundlage eines Beherbergungsvertrages zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellt.

Die unbefugte Gebrauchsüberlassung rechtfertigt sowohl eine Kündigung auf der Grundlage von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB als auch auf der Grundlage von § 543 Abs. 1 S. 2 BGB.

Nach Wirksamwerden einer Kündigung besteht eine Auskunftspflicht des Mieters hinsichtlich der gezogenen Nutzungen. Ein Anspruch auf Nutzungsersatz scheidet nicht wegen Vorhandenseins eines Rechtsirrtums über die Berechtigung zur fristlosen Kündigung aus.

§ 721 ZPO ist nicht auf Räumungsurteile anwendbar, die ein gewerbliches Mietverhältnis betreffen.

Mehr zum Thema:

Link zum Volltext der Entscheidung des OLG

Rechtsprechung
Untervermietung: Aufnahme von Flüchtlingen als (kein) mieterbezogenes Interesse
AG München vom 20.12.2022 - 411 C 10539/22
Rainer Burbulla, MietRB 2023, 190

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