12.05.2025

Mieterhöhung nach energetischer Modernisierung bei messbarer und dauerhafter Einsparung von Endenergie

Der Vermieter einer Wohnung kann eine Mieterhöhung gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 555b Nr. 1 BGB (energetische Modernisierung) verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten - ggf. mit sachverständiger Hilfe - zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden kann.

BGH v. 26.3.2025 - VIII ZR 283/23
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren von Juli 2011 bis Ende August 2019 Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Beklagten. Mit Schreiben vom 15.3.2017 kündigte die Beklagte den Klägern die Modernisierung der in dem Haus befindlichen Heizungsanlage durch den erstmaligen Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich zentraler Warmwasseraufbereitung an Stelle der bis dahin in den Wohnungen vorhandenen Einzelöfen (Kombithermen) an und informierte diese u.a. über die Einzelheiten der geplanten Arbeiten.

Nach der Durchführung der Arbeiten erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2017 den Klägern gegenüber eine Erhöhung der mtl. Grundmiete ab dem 1.1.2018 von 487,33 € um 59 € auf 546,33 €. Die Kläger zahlten diesen Erhöhungsbetrag bis zum Ende des Mietverhältnisses. Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger die Erstattung ihrer Ansicht nach wegen der Modernisierungsmieterhöhung zu viel gezahlter Miete i.H.v. 1.180 € nebst Zinsen geltend.

AG und LG gaben der Klage statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Urteil des LG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Mit der vom LG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung der geleisteten Mieterhöhungsbeträge gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nebst Zinsen nicht bejaht werden.

Das LG hat der Prüfung, ob es mangels einer nachhaltigen Einsparung von Endenergie aufgrund des von der Beklagten veranlassten Einbaus einer neuen Heizungsanlage an einer zu einer Mieterhöhung gem. § 559 Abs. 1 BGB in der hier gem. Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung (a.F.) berechtigenden Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB in der bis zum 30.11.2021 geltenden Fassung (inhaltlich identisch mit heutiger Fassung, daher im Folgenden: [a.F.]) und damit an einem Rechtsgrund für die von den Klägern geleisteten Mieterhöhungsbeträge fehlt, einen falschen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. Auch die von dem LG diesbezüglich angenommene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist von durchgreifenden Rechtsfehlern beeinflusst.

Gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. kann der Vermieter die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt hat. Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. Vorschrift des § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] sind bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung). Die Beurteilung der Frage, ob eine solche Modernisierungsmaßnahme vorliegt, ist zwar das Ergebnis einer tatrichterlichen Würdigung, die in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt darauf überprüft werden kann, ob das LG Rechtsbegriffe verkannt oder sonst unzutreffende rechtliche Maßstäbe angelegt hat, ob es Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze hinreichend beachtet hat oder ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, in dem es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat Solche Fehler sind dem LG indes unterlaufen.

Im Ausgangspunkt noch zutreffend hat das LG (unausgesprochen) angenommen, dass der hier erfolgte, erstmalige Einbau einer Gaszentralheizung einschließlich Warmwasseraufbereitung eine bauliche Veränderung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] darstellt. Denn der Begriff der baulichen Veränderungen ist weit auszulegen und erfasst nicht nur Eingriffe in die bauliche Substanz, sondern auch - wie hier - Veränderungen der Anlagentechnik des Gebäudes. Auch hat das LG noch zutreffend erkannt, dass es für die Einordnung einer Baumaßnahme als energetische Modernisierung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB und damit für eine nachhaltige Einsparung von Endenergie lediglich darauf ankommt, dass überhaupt eine messbare Einsparung erzielt wird und diese dauerhaft ist, nicht jedoch auf deren Größenordnung.

Das LG hat jedoch mit seiner Annahme, eine nachhaltige Einsparung von Endenergie könne allein anhand des tatsächlichen Verbrauchs in dem Gebäude, in welchem sich das Mietobjekt befindet, innerhalb eines Zeitraums von vier bis fünf Jahren vor und nach der von dem Vermieter ergriffenen Maßnahme festgestellt werden, den Maßstab für die Ermittlung einer solchen Einsparung verkannt. Diese Annahme des LG findet im Wortlaut des Gesetzes (§ 555b Nr. 1 BGB) keine Stütze und steht überdies im Widerspruch sowohl zu der Gesetzessystematik der Vorschriften der §§ 555c, 559b BGB als auch zu der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung. Der Vermieter kann eine Mieterhöhung gem. § 559 Abs. 1 BGB a.F. § 555b Nr. 1 BGB [a.F.] vielmehr bereits dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der zu Modernisierungszwecken vorgenommenen Arbeiten zum (ex ante-)Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine (allein) durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten ist. Dies hat der Tatrichter unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten - ggf. mit sachverständiger Hilfe - zu beurteilen, wobei auch auf anerkannte Pauschalwerte zurückgegriffen werden kann.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 555b Modernisierungsmaßnahmen
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

Kommentierung | BGB
§ 555c Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

Kommentierung | BGB
§ 559 Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

Kommentierung | BGB
§ 559b Geltendmachung der Erhöhung, Wirkung der Erhöhungserklärung
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

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