16.02.2024

Minderungsrecht des Mieters trotz leicht fahrlässiger Verursachung eines Brandschadens

Ist ein vom Mieter verursachter Schaden durch eine vom Vermieter abgeschlossene Sachversicherung gedeckt, muss sich der Mieter zur Begründung einer vollständigen Mietminderung während der Unbewohnbarkeit der Wohnung vom Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit entlasten. Gegen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit kann sprechen, wenn es sich um ein Augenblicksversagen handelt, etwa wegen Müdigkeit zur nächtlichen Uhrzeit und einer zugleich alkoholbedingten Verminderung der Aufmerksamkeit.

LG Würzburg v. 10.5.2023, 44 S 119/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung des Beklagten. Nach einer längeren Partynacht hatte der noch sehr junge und im Haushalt wenig erfahrene Kläger gegen 2:30 Uhr noch Heißhunger verspürt und auf dem Herd in der Küche in einem Topf Fett für eine Portion Pommes erhitzt. Als diese fertig waren stellte er den Topf zum Abkühlen des Fettes zurück auf die Herdplatte und verließ die Küche. Er hatte allerdings nicht bemerkt, dass die Herdplatte noch eingeschaltet war. Etwa. 30 Minuten später bemerkte der Kläger den Brand in der Küche. Die Rauchmelder schlugen nicht an. Beim Kläger wurde im Rahmen einer durchgeführten Blutentnahme eine Alkoholisierung von 1,2 Promille festgestellt.

Die Versicherung des Beklagten kam für den Schaden auf. Der Kläger forderte für den Zeitraum August bis Mitte November 2021 wegen Unbewohnbarkeit der Wohnung eine vollständige Mietminderung. Eine solche lehnte der Beklagte ab. Das AG sprach dem Kläger ein Recht auf vollständige Mietminderung zu. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb vor dem LG erfolglos.

Die Gründe:
Der Kläger ist als Mieter zur vollständigen Mietminderung während der Unbewohnbarkeit der Wohnung berechtigt.

Ist ein vom Mieter verursachter Schaden durch eine vom Vermieter abgeschlossene Sachversicherung gedeckt, muss sich der Mieter zur Begründung einer vollständigen Mietminderung während der Unbewohnbarkeit der Wohnung vom Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit entlasten. Der Kläger hatte den Brand hier zwar verursacht, jedoch den ihm obliegenden Entlastungsbeweis erbringen können, dass ihn an der Brandverursachung kein Verschulden traf.

Stellt ein junger Mann mit wenig Erfahrungen im Haushalt einen Kochtopf mit heißem Fett versehentlich auf die - von ihm unbemerkt noch eingeschaltete - Herdplatte, so kann es gegen den Vorwurf grober Fahrlässigkeit sprechen, wenn es sich um ein Augenblicksversagen handelt, etwa wegen Müdigkeit zur nächtlichen Uhrzeit und einer zugleich alkoholbedingten Verminderung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger verließ nicht in der bewussten Kenntnis der noch angeschalteten Herdplatte die Küche, sondern vielmehr in Unkenntnis darüber, dass die Herdplatte noch angeschaltet war, was nach Auffassung der Kammer einen erheblichen Unterschied begründete und daher auch die Annahme der bloß einfachen Fahrlässigkeit rechtfertigte.

Weiterhin war zu berücksichtigen, dass der Kläger die gesamte Zeit über die Wohnung nicht verlassen und es sich nur um einen 10-20 Minuten währenden Zeitraum gehandelt hat, in dem der Kläger sich nicht in der Küche aufgehalten hatte, wobei es seltsam anmutete, dass der Kläger selbst auf das Brandgeschehen aufmerksam werden musste und er offenbar nicht von einem gesetzlich vorgeschriebenen Rauchmelder gewarnt wurde. Aber selbst wenn ein objektiv grob fahrlässiges Verhalten vorläge, würde der Kläger durch subjektive Gründe vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit befreit werden. Schließlich war eine Alkoholisierung von 1,2 Promille festgestellt worden, die bei dem jungen im Haushalt unerfahrenen Kläger zu einer Verminderung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit geführt hatte.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

Aufsatz:
Kündigung: Strafanzeige des Mieters gegen den Vermieter
BGH vom 08.08.2023 - VIII ZR 234/22
Keno Zimmer, MietRB 2024, 3
MIETRB0062672

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