Neuregelung des Nutzungsverhältnisses an ehelicher Immobilie bei Miteigentum nach Trennung
OLG Celle v. 19.3.2025 - 21 UF 237/24Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben 2000 die Ehe geschlossen, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind. Die Beteiligten, die als Ärzte freiberuflich bzw. im Anstellungsverhältnis tätig sind, leben seit Anfang Juni 2021 getrennt. Bis zu ihrer Trennung haben sie gemeinsam in der als Ehewohnung genutzten Immobilie E. gelebt. Diese hatten die Beteiligten gemeinsam mit den Eltern der Antragsgegnerin erworben und sind Gesellschafter einer auf diese Immobilie bezogenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der der Antragsgegnerin ein Anteil von 37,5 % und dem Antragsteller ein Anteil von 25 % zusteht.
Nach der Trennung hielt sich der Antragsteller für einen nicht näher konkretisierten Zeitraum in Räumen in seiner Praxis auf, bis er in eine gemietete Immobilie umzog. Die Antragsgegnerin bewohnt mit den gemeinsamen Kindern weiterhin die Ehewohnung, die in ihrem Alleineigentum steht.
Die Beteiligten sind (hälftige) Miteigentümer der Immobilie E. Das Einfamilienhaus liegt in der Nähe der Ehewohnung. Diese Immobilie haben die Beteiligten der Mutter der Antragsgegnerin zu einer monatlichen Nettokaltmiete von 1.050 € vermietet.
Der Antragsteller begehrt die Kündigung dieses Mietverhältnisses mit dem Ziel, selbst die Immobilie zu bewohnen. Er behauptet, auf das Bewohnen dieser Immobilie angewiesen zu sein, da er nach der Trennung zunächst in Räumen der Praxis geschlafen habe und nunmehr übergangsweise bei Bekannten untergekommen sei. Das vermietete Haus im E eigne sich für seine Wohnbedürfnisse und liege in der Nähe der Ehewohnung, in der seine Kinder leben. Der Mutter der Antragsgegnerin sei es praktisch und finanziell möglich sowie auch zumutbar, eine Wohnung im näheren Umkreis zu nutzen oder in die Einliegerwohnung im Haus der Antragsgegnerin zu ziehen.
Der Antragsteller hat 2023 das Mietverhältnis mit seiner Schwiegermutter gekündigt und die Antragsgegnerin gebeten, diese Kündigung zu genehmigen. Diese hat ihre Zustimmung verweigert.
Im angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und seine Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass ein Anspruch auf Mitwirkung an einer Kündigungserklärung gemäß § 745 Abs. 2 BGB nicht bestehe, weil der Antragsteller seinen Eigenbedarf nicht hinreichend dargelegt habe und die Schwiegermutter ebenfalls eine nahe Familienangehörige sei. Zu den derzeitigen Wohnverhältnisse des Antragstellers fehlten konkrete Angaben.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG war in der Sache erfolgreich und führte zu der Verpflichtung der Antragsgegnerin, gemeinsam mit dem Antragsteller das Mietverhältnis über das Haus im E. zu kündigen. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.
Die Gründe:
Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin gemäß § 745 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Neuregelung der Nutzungsverhältnisse an der Immobilie E und kann von ihr verlangen, das von beiden Ehegatten mit der Mutter der Antragsgegnerin geschlossene Mietverhältnis zu kündigen, da sich seit der Trennung der Ehegatten die Voraussetzungen für die Nutzung des Hauses derart wesentlich geändert haben, dass ihm ein Festhalten an dem Mietverhältnis nicht länger zuzumuten ist.
Nach der vorgenannten Regelung kann jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.
Der Miteigentümer kann nach § 745 Abs. 2 BGB eine Regelung der Benutzung verlangen, die aufgrund der veränderten Umstände geboten ist und dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entspricht. Sind oder waren die Teilhaber miteinander verheiratet, so ist die Neuregelung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der nach § 1353 BGB gebotenen gegenseitigen Rücksichtnahme bzw. nach Rechtskraft der Ehescheidung nach Maßgabe der fortwirkenden nachehelichen Solidarität zu bestimmen.
Der Antragsteller hat sein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses der Immobilie hinreichend dargetan.
Nach der Trennung der Beteiligten hatte der Antragsteller für einen längeren, nicht konkret vorgetragenen Zeitraum Räumlichkeiten in der von ihm betriebenen ärztlichen Praxis für seine Wohnzwecke genutzt und hat in der Folge Räume gemietet. Dieses Mietverhältnis ist nach seinem Vortrag und seinen glaubhaften Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat befristet, sodass er einen anderen Wohnraum konkret benötigt. Dass der Antragsteller eine Benutzung des Hauses im E. längere Zeit nicht beansprucht hat, obwohl ihm dies mit der Trennung der Beteiligten grundsätzlich offen gestanden hätte, steht einem Neuregelungsbegehren auch nach Ablauf von drei bis vier Jahren nicht entgegen.
Eine auf die gemeinschaftliche Erklärung der Beteiligten gerichtete Kündigung des Mietverhältnisses mit der Mutter der Antragsgegnerin ist nicht offensichtlich aussichtslos und bietet nach dem im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Vorbringen der Beteiligten hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gemäß § 573 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an dessen Beendigung hat, wobei ein solches dann vorliegen kann, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörigen seines Haushalts benötigt. Der Antragsteller hat einen Eigenbedarf hinreichend dargetan, da er das Haus für eigene Wohnzwecke benötigt.
Aktionsmodul Familienrecht:
Alles zum Familienrecht in einem Modul! In Kooperation mit Otto Schmidt, Gieseking, Wolters Kluwer und Reguvis stehen ausgewählte Kommentare, Handbücher und Zeitschriften in einer Datenbank zur Verfügung. 4 Wochen gratis nutzen!