02.05.2023

Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall mit Leasingfahrzeug

Macht der Leasingnehmer nach Durchführung der Reparatur die angefallenen Reparatur- und Sachverständigenkosten als eigenen Haftungsschaden geltend, kann der Schädiger auch den Ansprüchen aus § 823 Abs. 1 BGB ein Mitverschulden des Leasingnehmers oder des Fahrzeugführers entgegensetzen.

OLG Saarbrücken v. 24.3.2023, 3 U 9/23 u.a.
Der Sachverhalt:
Der K. hatte am 20.3.2020 das über die Firma L. geleaste Firmenfahrzeug der Klägerin Audi Q5 rechtsseitig in einer Parkbucht geparkt. Der Erstbeklagte, der die anliegende Straße mit dem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw Mercedes-Benz A160 befuhr, kollidierte mit der hinteren linken Tür des Klägerfahrzeugs. Die Klägerin hatte die Beklagten zuletzt auf Zahlung von 13.037,40 € (Netto-Reparaturkosten 10.239,48 €, Netto-Sachverständigenkosten 1.164,60 €, Netto-Mietwagenkosten 1.603,32 €, Kostenpauschale 30,- €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten an sich selbst sowie Zahlung von 1.700,- € nebst Zinsen für die Wertminderung des Klägerfahrzeugs an die Leasinggeberin in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat behauptet, der K. habe die hintere linke Tür nur einen Spalt weit geöffnet, um Gegenstände von der Rückbank zu entnehmen, wobei die Tür nicht in den Fahrbahnbereich hineingeragt habe. Der Unfall sei für den Zeugen unabwendbar gewesen und alleine darauf zurückzuführen, dass der Erstbeklagte unter Missachtung des gebotenen Sicherheitsabstands sehenden Auges in die geöffnete Tür hineingefahren sei. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben behauptet, der Erstbeklagte habe die geöffnete Tür wahrgenommen und sei mit höchstens 10-15 km/h und ausreichendem Sicherheitsabstand an dem Klägerfahrzeug vorbeigefahren. Zur Kollision sei es gekommen, da der K. die Tür während der Vorbeifahrt des Beklagtenfahrzeugs (unabsichtlich) weiter geöffnet habe.

Das LG hat die Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung eines Betrags von 6.087,79 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten an die Klägerin sowie eines Betrags von 850 € an die Leasinggeberin verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin vor dem OLG war teilweise erfolgreich.

Die Gründe:
Die Annahme des LG, die Klägerin treffe ein hälftiges Mitverschulden an dem Unfall, war nicht zu beanstanden. Bei der Entscheidung über die Haftungsverteilung im Rahmen des § 17 Abs. 2 StVG und ebenso des § 254 BGB, die aufgrund aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist, die sich auf den Unfall ausgewirkt haben, ist in erster Linie das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben, wobei ein Faktor bei der Abwägung das beiderseitige Verschulden ist. Dass das LG auf Beklagtenseite einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO angenommen hatte, nahm die Berufung als für sie günstig hin. Das LG hat aber zu Recht auf Klägerseite einen Verstoß des K. gegen § 14 Abs. 1 StVO berücksichtigt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung blieben ohne Erfolg.

Gleichwohl erwies sich die Berufung als begründet, soweit die Klägerin den Anspruch der Leasinggeberin auf Ersatz der Wertminderung weiterverfolgt hatte. Denn der Leasinggeberin standen gegen die Beklagte wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs Schadensersatzansprüche dem Grunde nach nicht nur aus § 7 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, § 1 PflVG, sondern auch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Dabei musste sich die Leasinggeberin das Mitverschulden des K. zwar gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB auf die Ansprüche aus § 7 StVG anrechnen lassen. Für die deliktischen Ansprüche der Leasinggeberin fehlte es hingegen an einer entsprechenden Zurechnungsnorm, da § 9 StVG auf die Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB weder direkt noch analog anwendbar ist und der Leasingnehmer, bzw. hier der K., bei der Teilnahme am Straßenverkehr nicht Erfüllungsgehilfe der Leasinggeberin i.S.d. § 278 BGB ist. Deshalb konnte die Beklagte hier den deliktischen Ansprüchen der Leasinggeberin das Mitverschulden des K. nicht entgegensetzen mit der Folge, dass der Leasinggeberin ein ungekürzter Anspruch auf Erstattung der Wertminderung i.H.v. 1.700 € zusteht.

Soweit die Klägerin Ersatz der Mietwagenkosten, die ihr als Teil des Nutzungsschadens wegen der Verletzung ihres Besitzrechts zustehen, der Reparatur- und Sachverständigenkosten als Haftungsschaden sowie der Unfallpauschale aus eigenem Recht weiterverfolgt hatte, konnte die Beklagte diesen Ansprüchen - insbesondere auch solchen aus § 823 Abs. 1 BGB das Mitverschulden des K. entgegensetzen. Die Berufung war daher in Bezug auf die eigenen Ansprüche lediglich insoweit begründet, als der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat Mietwagenkosten für 12 Tage zustehen.

Mehr zum Thema:

Blog Update Haftungsrecht: "Ein Parkplatz ist keine Straße"
Prof. Dr. Reinhard Greger

Blog Update Haftungsrecht: "Haftet der Kfz-Halter für ungestörten Straßenbahnbetrieb?"
Prof. Dr. Reinhard Greger

Aktionsmodul Zivilrecht:
Sie können Tage nicht länger machen, aber effizienter. Recherchieren Sie hier mit den führenden Kommentaren, Handbüchern und Zeitschriften für die zivilrechtliche Praxis. Topaktuelle Online-Aktualisierungen im Erman BGB; Updates im Zöller ZPO. Zahlreiche, bewährte Formulare mit LAWLIFT bearbeiten! Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. 4 Wochen gratis nutzen!
Bürgerservice Saarland
Zurück