31.05.2023

Streit um die Ermittlungsmethode der ortsüblichen Vergleichsmiete

Beruft sich der Mieter auf einen Verstoß des Vermieters gegen § 556d BGB, trägt er im Fall des Bestreitens die Beweislast für die von ihm behauptete Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sowie der preisrechtlich zulässigen Miete. Die AG sind als Tatsachengerichte zudem befugt, die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete nicht durch die bloße Heranziehung eines Mietspiegels im Wege einer richterlichen Schätzung vorzunehmen, sondern die Bildung einer für sie hinreichenden richterlichen Überzeugung von der ausschließlichen oder zusätzlichen Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens abhängig zu machen.

LG Berlin v. 23.5.2023 - 67 S 87/23
Der Sachverhalt:
Die Parteien stritten wegen der Miethöhe für die von der Klägerin bewohnten Wohnung, die im Eigentum der Beklagten steht. Das AG hat die gegen die Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen. Zuvor hatte die Klägerin ihre Ansprüche an einen Inkassodienstleister abgetreten.

Im Berufungsverfahren trug die Klägerseite vor, dass die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete durch die bloße Heranziehung eines Mietspiegels im Wege einer richterlichen Schätzung hätte vorgenommen werden müssen. Der Berliner Mietspiegel 2019 sei ein grundsätzlich taugliches Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete. Fälschlicher Weise habe das AG seine Entscheidung von einem Sachverständigengutachten abhängig gemacht.

Das LG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das AG hat die Klägerin zutreffend mangels Beweisantritts als beweisfällig angesehen. Dass sie es war, die die Beweislast für die von ihr behauptete Höhe der preisrechtlich zulässigen Miete getragen hat, räumte die Klägerin selbst ein. Damit aber trug sie auch das prozessuale Risiko einer "Beweismittelflucht" in die zweite Instanz, das ihr daraus erwachsen ist, im ersten Rechtszug von richterlich für geboten erachteten Beweisantritten ausdrücklich abzusehen.

Beruft sich der Mieter auf einen Verstoß des Vermieters gegen § 556d BGB, trägt er im Fall des Bestreitens die Beweislast für die von ihm behauptete Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sowie der preisrechtlich zulässigen Miete. Klagt - wie hier - ein Inkassodienstleister aus abgetretenem Recht, trägt er als Zessionar die Beweislast.

Die AG sind als Tatsachengerichte zudem befugt, die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete nicht durch die bloße Heranziehung eines Mietspiegels im Wege einer richterlichen Schätzung vorzunehmen, sondern die Bildung einer für sie hinreichenden richterlichen Überzeugung von der ausschließlichen oder zusätzlichen Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens abhängig zu machen (Anschluss BGH, Beschl. v. 25.10.2022 - VIII ZR 223/21).

Der Berliner Mietspiegel 2019 ist ein grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos taugliches Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete. Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichs- und der preisrechtlich zulässigen Miete über den Berliner Mietspiegel 2019 führt weder grundsätzlich noch im Einzelfall zu "richtigeren" Ergebnissen als über die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

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