09.05.2025

Streit um Rückerstattung von Ticketentgelt nach einer Flugplanänderung

Der Begriff "beantragen" impliziert aus Sicht der Kammer schon nicht zwingend, dass der Onlinevermittler neben der Veranlassung des Rückabwicklungsverfahrens auch zum Empfang der Rückzahlung bevollmächtigt sein sollte. Jedenfalls hätte es einer deutlichen Formulierung bedurft. Die Zweifel bei der Auslegung der AGB gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB.

LG Landshut v. 7.5.2025, 12 S 2595/24 e
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte über einen Onlinevermittler (O.) mit der Beklagten einen Beförderungsvertrag für Flüge von München nach Tel Aviv am 5.5.2022 und zurück am 9.5.2022 abgeschlossen. Hierfür bezahlte sie 721,79 €. Für das Flugticket fielen Kosten i.H.v. 677,90 € an. Die Klägerin akzeptierte die AGB des O., in welchen es u.a. hieß: "Im Falle einer Flugänderung oder -stornierung durch die Fluggesellschaft kontaktieren Sie uns bitte und wählen Sie eine alternative Lösung, entweder über unsere Website oder telefonisch. Wenn Sie uns nicht kontaktieren, ERKLÄREN SIE SICH durch Annahme dieser AGB DAMIT EINVERSTANDEN, DASS WIR DIE RÜCKERSTATTUNG DES GEÄNDERTEN ODER STORNIERTEN TICKETS VON DER FLUGGESELLSCHAFT BEANTRAGEN. [...]"

Nachdem der Klägerin die Änderung der Flugzeiten mitgeteilt worden war, kündigte sie am 20.3.2022 den Beförderungsvertrag über den O. Dieser erklärte am 9.8.2022, dass der Betrag von der bzw. den Fluggesellschaft(en) über dieselbe Zahlungsmethode erstattet werde, die für die ursprüngliche Buchung verwendet worden sei. Am 14.9.2022 forderte die Klägerin den O. per E-Mail auf, die Rückerstattung vorzunehmen. Die Beklagte behauptete, dass am 14.6.2022 und 29.7.2022 der vollständige Preis der Flugtickets i.H.v. 677,90 € auf das Konto des O. überwiesen worden sei.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG das Urteil abgeändert und der Klage überwiegend stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückerstattung des Ticketentgelts i.H.v. 677,90 € gem. § 346 Abs. 1 BGB zu, da der Beklagten der Nachweis der Erfüllung gemäß § 362 BGB nicht gelungen ist.

Ungeachtet der Frage, ob es tatsächlich zu einem Zahlungseingang beim O. gekommen war, lag zur Überzeugung der Kammer keine Empfangsvollmacht auf Seiten des O. im Hinblick auf eine etwaige Rückerstattung des Ticketpreises durch die Beklagte vor. Der Auffassung des AG, wonach die E-Mail vom 14.9.2022 dahingehend auszulegen sei, dass die Abwicklung dergestalt vorzunehmen sei, dass die Rückzahlung an den O. erfolgen sollte und dieser demnach zum Empfang der Zahlung bevollmächtigt sei, war nicht zuzustimmen. Dies kam schon wegen des zeitlichen Ablaufs nicht in Betracht, da die seitens der Beklagten behaupteten Überweisungen bereits am 14.6.2022 und 29.7.2022 und damit vor dem besagten Aufforderungsschreiben vom 14.9.2022 erfolgt sein sollten.

Auch die in den AGB des O. enthaltene Regelung konnte zur Überzeugung der Kammer keine wirksame Empfangsvollmacht zugunsten des O. für eine Rückerstattung des Ticketpreises begründen, so dass den von Seiten der Beklagten behaupteten Zahlungen schon keine Erfüllungswirkung hätte zukommen können. Der Begriff "beantragen" impliziert aus Sicht der Kammer schon nicht zwingend, dass der O. neben der Veranlassung des Rückabwicklungsverfahrens auch zum Empfang der Rückzahlung bevollmächtigt sein sollte. Jedenfalls hätte es einer deutlichen Formulierung bedurft. Die Zweifel bei der Auslegung der AGB gehen zu Lasten des Verwenders, § 305c Abs. 2 BGB.

Da es sich vorliegend bei der streitgegenständlichen Regelung um AGB handelt, die in einer Vielzahl von Fällen zur Verwendung kommen, war die Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Ausschluss des Entschädigungsanspruchs nach coronabedingtem Rücktritt des Reisenden
BGH vom 28.01.2025 - X ZR 55/22
MDR 2025, 369
MDR0076535

Kommentierung | BGB
§ 651h Rücktritt vor Reisebeginn
Blankenburg in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023

Beratermodul Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht
Die perfekte Basisausstattung zum Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht finden Praktiker im Beratermodul Zivil- und Zivilverfahrensrecht. Jetzt 4 Wochen gratis nutzen! Jetzt neu und zusätzlich mit der GVRZ - Zeitschrift für das gesamte Verfahrensrecht! 4 Wochen gratis nutzen!
Bayern.Recht