25.04.2025

WEG: Einladung durch einen Unbefugten führt nicht zwangsläufig zur Nichtigkeit der Beschlüsse

Lädt ein Wohnungseigentümer zu einer Wohnungseigentümerversammlung ein, ohne hierzu berechtigt zu sein, sind die auf dieser Versammlung gefasste Beschlüsse nicht zwangsläufig nichtig. Eine Nichtigkeit wird allenfalls dann angenommen, wenn ein unbeteiligter Dritter zur Versammlung einlädt.

LG Frankfurt a.M. v. 23.1.2025 - 2-13 S 71/24
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung. Der Beklagte zu 1) ist der Bruder des Klägers. Die Wohnungseigentümergemeinschaft, die Beklagte zu 2, besteht aus zwei Miteigentumsanteilen und hat keinen Verwalter bzw. keinen Verwaltungsbeirat. Mit Schreiben vom 6.9.2023 hatte der Beklagte zu 1) die Kläger zu einer Eigentümerversammlung am 29.9.2023 eingeladen. Allerdings sind die Kläger nicht erschienen und der Beklagte zu 1) führte die Versammlung alleine durch.

Auf der Versammlung wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Diese haben die Kläger zunächst gegenüber dem Beklagten zu 1) angefochten. Nach Hinweis des AG, dass die Klage sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten müsse, ist die Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erweitert worden.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Kläger waren weiterhin der Auffassung, die Beschlüsse seien schon deshalb nichtig, weil der Beklagte zu 1) nicht als Verwalter bestellt sei und daher nicht zur Eigentümerversammlung einberufen könne. Mangels ordnungsgemäßer Einladung könnten keine Beschlüsse gefasst werden, entsprechende Beschlüsse seien nichtig.

Das LG hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Klage war bereits außerhalb der Anfechtungsfrist gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft erhoben worden. Für das reformierte Wohnungseigentumsrecht hat der BGH entschieden, dass eine Fristwahrung nur durch die Klageerhebung gegen die richtige Partei erfolgt. Wird, wie hier, zunächst gegen eine falsche Partei die Klage erhoben, ist die Anfechtungsfrist (§ 45 WEG) nicht gewahrt, sodass Anfechtungsgründe nicht mehr zu prüfen sind. Wiedereinsetzung war nicht begehrt worden, es lagen auch angesichts der anwaltlichen Vertretung keinerlei Gründe hierfür vor.

Die Beschlüsse waren auch nicht deshalb nichtig, weil mit dem Beklagten zu 1) ein Wohnungseigentümer zu der Versammlung eingeladen hatte, ohne hierzu berechtigt zu sein. Zwar war die Einladung von einem Unbefugten ausgesprochen worden. Zur Einladung berechtigt ist nämlich lediglich der Verwalter oder bei Fehlen eines Verwaltungsbeirates - wie hier - ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer (§ 24 Abs. 3 WEG). Fehlt es auch an einem Beschluss über die Ermächtigung eines Wohnungseigentümers, können ordnungsgemäße Beschlüsse nur dann gefasst werden, wenn entweder die Wohnungseigentümer sich zu einer Vollversammlung zusammenfinden oder aber ein Wohnungseigentümer sich durch gerichtliche Entscheidung im Wege der Beschlussersetzungsklage zur Einberufung ermächtigen lässt. Hieran fehlte es im Streitfall.

Allerdings führte dies nach Ansicht der Kammer nicht dazu, dass die Beschlüsse nichtig sind. Zwar wird vereinzelt vertreten, dass eine Einberufung durch einen Nichtberechtigten dazu führe, dass den gefassten Beschlüssen die Legitimation als Wohnungseigentümerbeschlüsse fehle, dies würde zur Nichtigkeit führen. Auch im Gesellschaftsrecht führt nach ständiger BGH-Rechtsprechung die Einberufung durch einen Unbefugten rechtsformübergreifend zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse.

So hat etwa der II. Senat des BGH jüngst entschieden, dass bei der Partnerschaftsgesellschaft die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse führt. Im Wohnungseigentumsrecht hat der V. Senat des BGH allerdings entschieden, dass die Einberufung durch einen Unberechtigten nicht zur Nichtigkeit v,on Beschlüssen führt. Vielmehr gelangte der BGH zur Ungültigerklärung, wenn die fehlerhafte Einladung sich entweder auf den Beschluss ausgewirkt hat oder die Regeln des WEG über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums systematisch missachtet wurden, etwa Einladungen zu Wohnungseigentümerversammlungen immer wieder sehenden Auges und bewusst von einem dazu nicht ermächtigten oder sonst befugten Wohnungseigentümer ausgesprochen werden.

Die letztere Auffassung, der sich die Kammer anschließt wird von der ganz herrschenden Meinung im Schrifttum geteilt (vgl. nur Jennißen/Schultzky, 8. Aufl. 2024, WEG § 24 Rn. 33 ff.; Bärmann/Merle, 15. Aufl. 2023, WEG § 24 Rn. 34; Soergel/Skauradszun, 13. Aufl., § 24 WEG Rn. 16 f. Hügel/Elzer, 4. Aufl. 2025, WEG § 24 Rn. 82; Bärmann/Pick/Emmerich, 21. Aufl. 2025, WEG § 24 Rn. 28). Eine Nichtigkeit wird allenfalls dann angenommen, wenn ein unbeteiligter Dritter zur Versammlung einlädt. Hieran ist festzuhalten. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze sind insoweit nicht zu übertragen, denn die Situation ist nicht vergleichbar.

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LG Frankfurt a.M.