26.07.2021

Zu den Voraussetzungen eines Scheingeschäfts i.S.v. § 117 BGB im Mietrecht

Ein Scheingeschäft i.S.v. § 117 BGB setzt voraus, dass den Parteien der Geschäftswille fehlt. Das unterscheidende Kriterium liegt also darin, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben, es spricht aber gegen den Scheincharakter eines Rechtsgeschäfts, wenn der mit ihm erstrebte Zweck die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts erreicht werden kann.

AG Hamburg v. 16.6.2021, 49 C 336/20
Der Sachverhalt:
Die Kläger waren Bewohner einer Wohnung des Beklagten in Hamburg. Das Mietverhältnis, bei dem Frau S. als alleinige Mieterin angegeben war, begann zum 1.11.2015. Der Netto-Mietzins belief sich auf 1.875 €, der Brutto-Mietzins auf 2.189 € pro Monat. Die Anmietung durch Frau S. sollte zur Weitervermietung an seriöse Dritte nach § 2 des Mietvertrages erfolgen, wobei einer der Bewohner, der im Übrigen auch Frau S. bei der Anmietung vertrat, ihr Bruder Herr S. war. Daneben zogen Frau T. B. und C. V. in die Wohnung ein. Nach Einzug der Bewohner erstellte der Beklage Wohnungsgeberbescheinigungen für die Bewohner der Wohnung aus.

Zum Jahresende 2015 monierten die Bewohner der Wohnung gegenüber dem Beklagten eine Überhöhung des Mietpreises unter Berücksichtigung der Hamburger Mietpreisbremse. Eine Einigung konnte insoweit nicht erzielt werden. In diesem Zusammenhang focht der Beklagte im Januar 2016 den Mietvertrag an, weil Herr S. den Beklagten vorsätzlich getäuscht habe und nun den Versuch unternehme, sich unberechtigte Vorteile zu verschaffen. Rechtliche Schritten wurden hiernach wechselseitig nicht eingeleitet.

In der Folgezeit gab es verschiedene Bewohnerwechsel. Mit Schreiben vom 28.10.2019 kündigten die damaligen Bewohner der Wohnung, nicht aber Frau S., das Mietverhältnis ordentlich zum Ende Januar 2020. Eine Einigung über eine Wohnungsrückgabe konnte zwischen den Bewohnern und dem Beklagten nicht erzielt werden, erstere warfen Ende Januar 2020 die Schlüssel beim Büro des Beklagten ein. Dieser rechnete den Kautionsrückzahlungsanspruch von 5.700 € mit einem Schadensersatzanspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen sowie i.H.v. 800 € für die Nichtzahlung im Monat März 2020 auf. Frau S. trat ihre Ansprüche an die Kläger ab. Diese waren der Ansicht, es liege ein Scheingeschäft i.S.v. § 117 BGB im Hinblick auf den Mietvertrag vor. Geschuldet sei nicht der in dem Vertrag angegebene Mietzins, sondern der ortsübliche Mietzins. Im Übrigen verstoße die mietvertragliche Vereinbarung gegen die in Hamburg geltende Mietpreisbremse.

Das AG gab der auf Rückerstattung bezahlten Mietzinses sowie Rückzahlung der Kaution gerichteten Klage weitestgehend statt.

Die Gründe:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.700 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Frage, ob ein Wohn- oder ein Gewerberaummietverhältnis vorliegt, richtet sich nicht nach der Bezeichnung, welche die Parteien für den schriftlichen Vertrag wählen, sondern nach ihrem tatsächlichen Willen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Sind bauliche Änderungen erfolgt, die eine entsprechende Wohnnutzung durch die Bewohner der Wohngemeinschaft ermöglichen, sind sich die Parteien ferner bewusst gewesen, dass letztlich eine Wohnnutzung erfolgen soll und die Anmietung insoweit von der Mieterin aufgrund familiärer Verbundenheit zur Ermöglichung derselben erfolgt, liegt ein Wohnraummietverhältnis vor. Bei einer gemischten Nutzung im Zweifel von den Schutzregeln des Wohnraummietrechts auszugehen, soweit ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellbar ist. Auch die Nutzung durch eine Wohngemeinschaft ist grundsätzlich als Wohnraummietverhältnis zu charakterisieren.

Infolgedessen ist die sog. Darlehenszahlung von 6.500 € als Sicherheitsleistung i.S.v. § 551 BGB zu qualifizieren, soweit der Mietvertrag von dem gesetzlichen Leitbild des § 551 BGB abweicht, ist die Regelung nach § 551 Abs. 4 BGB unwirksam. Der Kautionsrückzahlungsanspruch ist auch fällig, da vom Beklagten über die Kaution abgerechnet wurde. Allerdings führen die Aufrechnungserklärungen des Beklagten nur i.H.v. 800 € zum Erlöschen des Kautionsrückzahlungsanspruchs im Bezug auf die Verrechnung mit der Miete für März 2020. Ein Mietzinsanspruch für März 2020 ergibt sich insoweit aus dem Umstand, dass nicht etwa die Bewohner der Wohnung sondern Frau S. alleinige Mieterin der Wohnung gewesen ist und die Kündigungserklärung vom 28.10.2019 nicht von Frau S. unterzeichnet gewesen ist.

Es handelt sich auch nicht um ein Scheingeschäft i.S.v. § 117 BGB. Dies würde voraussetzen, dass den Parteien der Geschäftswille fehlt. Das unterscheidende Kriterium liegt also darin, ob die Parteien zur Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft erstrebten Erfolgs ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben, es spricht aber gegen den Scheincharakter eines Rechtsgeschäfts, wenn der mit ihm erstrebte Zweck die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts erreicht werden kann.

Vorliegend setzt die Anmietung der Wohnung die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraus, es ist insoweit ein Mietvertrag beabsichtigt worden. Dies entspricht auch der Interessenlage des Beklagten, der einen entsprechenden monatlichen Mietzins generieren möchte, wie auch der Interessenlage der Mieterin S., die eine Anmietung der Wohnung im Interesse ihres Bruders angestrebt hatte. Im Übrigen ist anerkannt, dass der Mieter in den angemieteten Räumlichkeiten nicht selbst wohnen muss, wie dies etwa von der Rechtsprechung auch bei der Anmietung einer Wohnung von einem Elternteil für ein in der Ausbildung befindliches Kind regelmäßig akzeptiert wird, obwohl es sich hierbei um eine erkennbare Umgehung des § 551 Abs. 4 BGB handeln dürfte. Insoweit ist nach der Rechtsprechung davon auszugehen, dass es den Parteien grundsätzlich frei steht wer Partei des Mietvertrages wird.

Abschließend führt die Vereinbarung einer Endrenovierungsverpflichtung im Wohn- wie auch im Gewerbemietrecht zur summierten Unwirksamkeit der mietvertraglichen Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter. Im Übrigen ist auch nach Maßgabe der Mietdauer nicht von einer Fälligkeit laufender Renovierungsverpflichtungen auszugehen, da nicht einmal Küche und Bad über einen Zeitraum von fünf Jahren benutzt worden sind.
Justiz-Portal Hamburg
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