19.11.2014

20.000 € Schmerzensgeld für nicht gerechtfertigte Bandscheibenersatzoperation

Ein Patient kann von einem Krankenhaus Schmerzensgeld verlangen, wenn er im Krankenhaus ohne ausreichende Aufklärung und ohne ausreichende Indikation nach der neueren Methode des Bandscheibenersatzes operiert worden ist.

OLG Hamm 29.9.2014, 3 U 54/14
Der Sachverhalt:
Der im Jahre 1965 geborene Kläger wurde in den Jahren 1989 und 2002 jeweils nach Bandscheibenvorfällen erfolgreich operativ behandelt. Wegen erneut zunehmender Beschwerden begab sich der Kläger 2006 in ärztliche Behandlung. Die zunächst konsultierten Ärzte sahen keine Veranlassung für ein operatives Vorgehen und empfahlen, die konservative Therapie fortzusetzen.

In dem danach aufgesuchten, beklagten Krankenhaus in Dortmund implantierten die behandelnden Ärzte dem Kläger im Januar 2007 eine Bandscheibenersatzprothese. In der Folgezeit litt der Kläger weiterhin an Rückenbeschwerden. Er ist der Ansicht, die Operation im Januar 2007 sei ohne ausreichende Aufklärung durchgeführt worden und zudem nicht indiziert gewesen. Er verlangte beklagten Krankenhaus Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 €.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf 20.000 € Schmerzensgeld. Das beklagte Krankenhaus haftet bereits deswegen, weil eine ausreichende Aufklärung des Klägers nicht bewiesen ist. Es steht nicht fest, dass der Kläger hinreichend deutlich darüber aufgeklärt worden ist, dass die gewählte Behandlungsvariante des Einsatzes einer Bandscheibenprothese ein seinerzeit relativ neues Operationsverfahren war.

Nach den Angaben des medizinischen Sachverständigen war die Chance, Beschwerden des Klägers zu lindern, angesichts seiner Vorbelastungen mit dem Verfahren zum Einsatz einer Bandscheibenprothese deutlich geringer als mit einer operativen Fusion (Bandscheibenversteifung). Auf eine hypothetische Einwilligung kann sich das Krankenhaus nicht berufen. Der Kläger hat plausibel dargelegt, dass er sich im Fall der ordnungsgemäßen Aufklärung über die beiden Operationsmethoden in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hat.

Darüber hinaus war die Operation behandlungsfehlerhaft, weil sie im speziellen Fall des Klägers nicht ohne vorherige Testinfiltration hätte durchgeführt werden dürfen. Ohne eine solche war sie nach den Angaben des Sachverständigen beim Kläger nicht indiziert. Eine Testinfiltration hätte Aufschluss über den ungewissen Erfolg eines eingesetzten Bandscheibenimplantats bringen können. So wäre festgestellt worden, inwieweit beim Kläger eine - mit der gewählten Operationsmethode nicht erfolgreich zu behandelnde - Facettengelenksarthrose schmerzverursachend war.

OLG Hamm PM vom 19.11.2014
Zurück