Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch
KurzbesprechungErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 14, § 15, § 16
Im Streitfall verzichtete der Steuerpflichtige im Jahr 2006 für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge nach seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, gegenüber seinen drei Brüdern auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs gegen eine von diesen jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000 €. Im Jahr 2002 hatte er von der Mutter bereits Schenkungen im Wert von 1.056.232 € erhalten. Der BFH entschied in einem ersten Verfahren, dass die Zahlung der Abfindungen an den Steuerpflichtigen nicht als Schenkung der Mutter an diesen, sondern als drei freigebige Zuwendungen der Brüder an ihn getrennt zu besteuern sind (BFH v. 16. 5. 2013 - II R 21/11, BStBl II 2013, 922).
Daraufhin erließ das FA für die Zuwendungen der Brüder getrennte Schenkungsteuerbescheide gegen den Steuerpflichtigen. Die Besteuerung erfolgte ähnlich wie bei einer Zuwendung durch die Mutter. Das FA rechnete dabei der Abfindung von 150.000 € je Bruder jeweils den vollen Wert der im Jahr 2002 erfolgten Schenkungen der Mutter an den Steuerpflichtigen hinzu. Davon zog es den seinerzeit für Erwerbe von Kindern von ihren Eltern zustehenden Freibetrag von 205.000 € (heute: 400.000 €) ab. Es wandte zudem den Steuersatz der Steuerklasse I für Kinder an (19 %) und zog von der so ermittelten Steuer den gesetzlichen Anrechnungsbetrag für die Steuer für die Vorschenkungen ab. Hieraus ergab sich eine Steuer von 28.405 €.
Im Klageverfahren hatte der Steuerpflichtige insoweit Erfolg, als das FG die Vorschenkungen nicht den Abfindungen hinzurechnete und es lediglich den für die "übrigen Personen der Steuerklasse I" vorgesehenen Freibetrag in Höhe von seinerzeit 51.200 € (heute: 100.000 €) berücksichtigte. Dadurch verminderte sich die Schenkungsteuer auf 10.810 €.
Im Revisionsverfahren stellte der BFH heraus, dass es sich im Streitfall um eine Zuwendung zwischen Geschwistern und nicht um eine Zuwendung an ein Kind handelt. Zwar waren, wie von der Vorinstanz entschieden, die Vorschenkungen der Mutter bei der Berechnung der Steuer nicht zu berücksichtigen da sie nicht wie erforderlich von den Schenkern (den Brüdern) stammten. Im Verhältnis des Steuerpflichtigen zu seinen Brüdern war jedoch die Steuerklasse II zwischen Geschwistern anzuwenden, und zwar sowohl hinsichtlich des anwendbaren Freibetrags (10.300 €, heute 20.000 €) als auch des Steuersatzes (17 %). Der BFH kam daher zu einer Steuerfestsetzung in Höhe von 23.647 €.
Beraterhinweis: Die Entscheidung des BFH führt zu einer Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung, da der BFH bislang davon ausgegangen war, dass in derartigen Fällen für die Besteuerung der Abfindungen nicht das Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern dasjenige zum künftigen Erblasser maßgebend sei. Die geänderte Rechtsprechung führt nun bei Pflichtteilsverzichten zwischen Geschwistern gegen Abfindung, die noch zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden, im Regelfall zu einer höheren Steuerbelastung als bei einer Vereinbarung nach dem Erbfall. Denn die Vereinbarung zu Lebzeiten begründet die Anwendung der Steuerklasse II, die Vereinbarung nach dem Erbfall jedoch die der Steuerklasse I.
BFH, Urteil vom 20.3.2017, X R 13/15, veröffentlicht am 9.8.2017