23.08.2019

Abgeltungsteuer: Frist für Antrag auf Regelbesteuerung gilt auch bei nachträglich erkannter verdeckter Gewinnausschüttung

Steuerpflichtige mit Kapitalerträgen aus einer unternehmerischen Beteiligung müssen den Antrag auf Regelbesteuerung anstelle der Abgeltungsteuer spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung stellen, um so die anteilige Steuerfreistellung im Rahmen des sog. Teileinkünfteverfahrens zu erlangen. Diese Antragsfrist gilt auch, wenn sich das Vorliegen von Kapitalerträgen erst durch die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen einer Außenprüfung ergibt. Hat der Steuerpflichtige keinen vorsorglichen Antrag auf Regelbesteuerung gestellt, besteht dann auch nicht die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung gem. § 110 AO).

Kurzbesprechung
BFH v. 14.5. 2019 - VIII R 20/16

EStG § 32d
AO § 110


Im Streitfall war der Steuerpflichtige Alleingesellschafter der A-GmbH und Geschäftsführer der B-GmbH, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der A-GmbH. Er bezog in den Streitjahren 2009 bis 2011 von der B-GmbH Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Honorare für Beratungsleistungen. Diese erklärte er bei seinen Einkünften aus selbständiger bzw. nichtselbständiger Arbeit. Einkünfte aus seiner Beteiligung an der A-GmbH erklärte er nicht. Der Kläger stellte jeweils Anträge auf sog. Günstigerprüfung, jedoch keine Anträge auf Regelbesteuerung gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hierfür hatte er bei der Abgabe seiner Einkommensteuererklärungen keinen Anlass gesehen, da er von Einkünften aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit ausging.

Im Rahmen einer Außenprüfung ergab sich jedoch, dass ein Teil des Geschäftsführergehaltes, der Entgelte für Beratungsleistungen und der Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen waren. Daraufhin stellte der Steuerpflichtige Anträge auf Regelbesteuerung. In den geänderten Einkommensteuerbescheiden erhöhte das FA die Kapitaleinkünfte des Steuerpflichtigen um die verdeckten Gewinnausschüttungen und unterwarf diese nach Günstigerprüfung der der tariflichen Einkommensteuer. Die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens lehnte es jedoch ab.

Diese Rechtsauffassung hat der BFH nun bestätigt und entschieden, dass allein der vom Steuerpflichtigen gestellte Antrag auf Günstigerprüfung nicht zu der begehrten anteiligen Steuerfreistellung der Einkünfte aus der A-GmbH führt. Denn den für eine solche anteilige Freistellung erforderlichen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG hatte der Steuerpflichtige erst nach der Abgabe der Einkommensteuererklärungen und damit nicht fristgerecht gestellt. Auch können die in den Steuererklärungen enthaltenen Anträge auf Günstigerprüfung nicht als fristgerechte konkludente Anträge gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG angesehen werden. Ebenso scheidet eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Fristenregelung aus. Das Gesetz, das dem Steuerpflichtigen ausdrücklich nur ein fristgebundenes Wahlrecht gewährt, ist nach Auffassung des BFH nicht planwidrig unvollständig. Denn der Steuerpflichtige kann sein Antragsrecht auch vorsorglich ausüben. Verzichtet er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trägt er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung.

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist lehnte der BFH ebenfalls ab, weil im Zeitpunkt der Antragsnachholung durch den Kläger die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO bereits verstrichen und auch kein Fall höherer Gewalt anzunehmen war.

BFH, Urteil vom 14.5.2019, VIII R 20/16, veröffentlicht am 22.8.2019.
 
Verlag Dr. Otto Schmidt