Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn bei Gewährung von Krankenversicherungsschutz
KurzbesprechungEStG § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 11, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2, GG Art. 3 Abs. 1
Die Frage, ob Leistungen des Arbeitgebers als Bar- oder Sachlohn zu qualifizieren sind, ist für die Gewährung der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG von Bedeutung. Danach sind Sachbezüge bis 44 € im Kalendermonat steuerfrei. Für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn ist der auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu ermittelnde Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend. Der BFH hat nun in zwei grundlegenden Entscheidungen die Abgrenzungskriterien herausgestellt.
Im Streitfall VI R 13/16 schloss der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter des Unternehmens bei zwei Versicherungen (Gruppen-) Zusatzkrankenversicherungen für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die für den Versicherungsschutz des Steuerpflichtigen vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beträge blieben unter der Freigrenze i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG. Der BFH bestätigte das Vorliegen von Sachlohn.
Im Streitfall VI R 16/17 informierte die Steuerpflichtige in einem "Mitarbeiteraushang" ihre Arbeitnehmer darüber, ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über eine private Krankenversicherungsgesellschaft anbieten zu können. Mitarbeiter nahmen das Angebot an und schlossen unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an die Versicherungsgesellschaft überwiesen. Hierfür erhielten sie monatliche Zuschüsse von der Steuerpflichtigen auf ihr Gehaltskonto ausgezahlt, die regelmäßig unter der Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG blieben. Dies führt zu Barlohn, denn ein Sachbezug liegt nur vor, wenn auch ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sachlohn gerichtet ist. Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige ihren Arbeitnehmern letztlich jedoch nur den Kontakt zu dem Versicherungsunternehmen vermittelt und bei Vertragsschluss einen Geldzuschuss versprochen. Damit hatte sie ihren Arbeitnehmern keinen Versicherungsschutz zugesagt.
Beraterhinweis: Die Sichtweise des BFH eröffnet dem Arbeitgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit:
Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, seinen Arbeitnehmern unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt zwar einerseits begünstigter Sachlohn vor, andererseits ist das Potential für weitere Sachbezüge angesichts der monatlichen Freigrenze von höchstens 44 € erheblich eingeschränkt. Denn jegliche Überschreitung der Freigrenze führt zum vollständigen Entfallen der Steuerfreiheit. Dies kann der Arbeitgeber dadurch vermeiden, dass er seinen Arbeitnehmern lediglich einen (von vornherein steuerpflichtigen) Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass diese eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen.
BFH, Urteil vom 7.6.2018, VI R 13/16, veröffentlicht am 12.9.2018.
BFH, Urteil vom 4.7.2018, VI R 16/17, veröffentlicht am 12.9.2018.