13.03.2015

Abstellen auf Maß der fachlichen Eignung der Bewerber für Notarstelle ist ein die Beendigung des Besetzungsverfahrens rechtfertigender Grund

Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherrn nicht, die Stelle mit einem der ursprünglich ausgefallenen Bewerber zu besetzen; vielmehr darf der Dienstherr ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden und von einer ursprünglich geplanten Stellenbesetzung absehen. Das Abstellen auf das Maß der fachlichen Eignung der Bewerber ist grundsätzlich ein die Beendigung eines Besetzungsverfahrens sachlich rechtfertigender Grund.

BGH 24.11.2014, NotZ(Brfg) 7/14
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit Juli 2001 als Rechtsanwalt in Frankfurt a.M. tätig. Er bewarb sich auf eine der im Justizministerialblatt des Landes Hessen vom 1.7.2010 vom Beklagten ausgeschriebenen 47 Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk Frankfurt a.M. Von den ursprünglich 69 Bewerbern verblieben nach drei Rücknahmen noch 66 Bewerber. Von denen erfüllten 15 die gestellten Voraussetzungen nicht. Für die danach verbliebenen Bewerber ermittelte der Beklagte eine Punktzahl für die Reihenfolge der Auswahl gem. § 6 Abs. 3 BNotO (a.F.) i.V.m. Abschnitt A.II.3. des Runderlasses des Hessisches Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa vom 26.10.2009. Nach dieser Berechnung stand der Kläger an Rangstelle 51. Die Bewerber, die bei der Vergabe berücksichtigt werden sollten, erhielten eine vorläufige Zusage.

Die übrigen Bewerber wurden schriftlich darüber informiert, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden konnte. Der Kläger erhielt ein entsprechendes Schreiben mit Datum vom 5.8.2011. Aus diesem ergibt sich, dass dem Kläger 50 Mitbewerber vorgehen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass sich gem. § 6 Abs. 3 BNotO die Reihenfolge bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern nach der persönlichen und der mit einer Punktzahl bewerteten fachlichen Eignung unter Berücksichtigung der Dauer der anwaltlichen Berufstätigkeit ergebe. Nach der Reihenfolge der Punktzahl aller Bewerber gingen dem Kläger 50 Bewerbungen vor. Der Bewerber auf der Rangstelle 47 hatte eine Punktzahl von 79,45 und der auf Rangstelle 50 eine solche von 63,35 Punkten erzielt. Von dem Kläger selbst waren 56,7 Punkte erreicht worden. Das Schreiben hat der Kläger nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen.

Nachdem drei nicht berücksichtigte Bewerber gegen die Bekanntgabe der beabsichtigten Stellenbesetzungen mit Konkurrentenklagen gerichtlich vorgegangen waren, bestellte der Beklagte zunächst 40 Bewerber/innen, bei denen die Auswahlentscheidung nicht streitbefangen war. Nach dem Abschluss der Verfahren über die Konkurrentenklagen bestellte der Beklagte insgesamt noch sechs weitere Bewerber/innen, die sämtlich eine höhere Punktzahl als der Kläger aufwiesen. Die letzte Bestellung aufgrund der Ausschreibung vom 1.7.2010 erfolgte zu Jahresbeginn 2013. Eine ausgeschriebene Stelle blieb unbesetzt. Der Beklagte brach nach der letzten, 46. Bestellung das Besetzungsverfahren ab. Die dafür maßgeblichen Gründe wurden in einem Vermerk vom 7.2.2013 festgehalten. Die Entscheidung über den Abbruch wurde dem Kläger durch Schreiben des Beklagten vom 8.2.2013 mitgeteilt. Der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, ihm eine der im Justizministerialblatt für das Land Hessen vom 1.7.2010 für den Amtsgerichtsbezirk Frankfurt a.M. ausgeschriebenen 47 Notarstellen zuzuweisen.

Das OLG wies die Klage ab. Der BGH lehnte den Antrag des Klägers, die Berufung zuzulassen, ab.

Die Gründe:
Das OLG hat die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuweisung einer der durch Ausschreibung vom 7.7.2010 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk Frankfurt a.M. zusteht, anhand ständiger BGH-Rechtsprechung über das Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs bei Beendigung des Stellenbesetzungsverfahrens aus sachlichem Grund beurteilt. Unter Übernahme der Rechtsprechung des BVerwG steht danach dem Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle nur dann ein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung zu, wenn eine Ernennung vorgenommen wird. Die Ausschreibung einer Stelle zwingt den Dienstherrn nicht, die Stelle mit einem der ursprünglich ausgefallenen Bewerber zu besetzen. Vielmehr darf der Dienstherr ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden und von einer ursprünglich geplanten Stellenbesetzung absehen.

Das OLG hat zutreffend einen sachlichen Grund für die Beendigung des Bewerbungs- bzw. Auswahlverfahrens trotz einer noch offenen Notarstelle darin gesehen, dass im Sinne der Bestenauslese der Beklagte durch eine neue Ausschreibung eine größere Anzahl von geeigneten Bewerbern als den im früheren Bewerbungsverfahren allein noch verbliebenen Kläger gewinnen wollte. Der Beklagte hat mit seinen Erwägungen erkennbar auf die fachliche Eignung i.S.v. § 6 Abs. 3 BNotO (a.F.) abgestellt und sich dabei an den durch die nach Maßgabe des Runderlasses des Hessischen Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa vom 26.10.2009 ermittelten Punktwerten orientiert. Das Abstellen auf das Maß der fachlichen Eignung der Bewerber ist als aus § 6 Abs. 3 BNotO (a.F.) abgeleitet, grundsätzlich ein die Beendigung eines Bewerbungsverfahrens sachlich rechtfertigender Grund.

Dass der Beklagte das durch die Ausschreibung vom Juli 2010 begonnene Besetzungsverfahren nach Besetzung von 46 der 47 ausgeschriebenen Stellen im Hinblick auf eine nicht ausreichende Punktzahl des Klägers als letztem verbliebenen Bewerber beendet hat, ist demnach im Grundsatz nicht zu beanstanden. Bei der an der fachlichen Eignung ausgerichteten Ausübung seines organisations- und verwaltungspolitischen Ermessens durfte der Beklagte auch berücksichtigen, dass der Kläger mit der von ihm erreichten, in der Berechnung nicht beanstandeten Punktzahl sehr deutlich hinter dem ursprünglich auf Rangstelle 47 befindlichen Bewerber und immer noch deutlich hinter demjenigen auf der Rangstelle 50 zurückblieb. Unsachliche und leistungsfremde Erwägungen sind darin nicht zu erkennen.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers hat das OLG rechtlich zutreffend auch eine aus dem Schreiben vom 5.8.2011 resultierende Bindung des Beklagten verneint, die sein organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen bei der Entscheidung über die Beendigung des Bewerbungsverfahrens einschränken oder gar auf Null reduzieren würde. Auf Seiten der nicht berücksichtigten Bewerber kann im Grundsatz kein schutzwürdiges Vertrauen in die Fortführung des Besetzungsverfahrens bis zur Ausschöpfung sämtlicher ausgeschriebener Stellen entstehen. Es besteht lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung der vorbeschriebenen Ermessensentscheidung über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens.

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