23.03.2018

Abzug des hälftigen Behinderten-Pauschbetrags bei der Einzelveranlagung von Ehegatten

Nach § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG ist auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten der grundsätzlich einem Ehegatten zustehende Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 1 bis 3 EStG) bei der Einzelveranlagung der Ehegatten jeweils zur Hälfte abzuziehen.

Kurzbesprechung
BFH v. 20.12. 2017  -III R 2/17

EStG § 26a Abs. 2, § 33b Abs. 1 bis 3

Streitig war, ob im Rahmen der Einzelveranlagung von Ehegatten auf deren übereinstimmenden Antrag der dem einen Ehegatten zustehende Behinderten-Pauschbetrag bei beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte abzuziehen ist.

Übereinstimmend mit seiner Ehefrau beantragte der Ehemann (Steuerpflichtiger) in seiner Einkommensteuerklärung für 2014, die Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen sowie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG jeweils zur Hälfte aufzuteilen. Das FA versagte jedoch den hälftigen Abzug des Behinderten-Pauschbetrags der Ehefrau des Steuerpflichtigen.

Dies sieht der BFH jedoch anders und entschied, dass § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG den Ehegatten im Rahmen der Einzelveranlagung ermöglicht, auf übereinstimmenden Antrag den einem Ehegatten zustehenden Behinderten-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 1 bis 3 EStG) zur Hälfte bei dem anderen Ehegatten abzuziehen, da die vom Behinderten-Pauschbetrag erfassten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen sind und § 33b Abs. 1 bis 3 EStG keine gegenüber § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG spezielle Aufteilungsregelung enthält.

Denn bereits aus dem Wortlaut "außergewöhnliche Belastungen" folgt - auch ohne einen Klammerverweis auf die §§ 33 bis 33b EStG -, dass § 26a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG (auch) solche Aufwendungen erfasst, die über den Behinderten-Pauschbetrag i.S. des § 33b Abs. 1 EStG abgedeckt werden. Der Pauschbetrag für behinderungsbedingte Aufwendungen i.S. des § 33b Abs. 1 EStG kann grundsätzlich auch nur "anstelle" einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG für außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Denn Sinn und Zweck der Pauschbetragsregelung ist es gerade, typisierend zu unterstellen, dass bestimmten Gruppen von behinderten Menschen gewisse außergewöhnliche Belastungen erwachsen.

Gegen diese Auslegung sprechen auch nicht der systematische Zusammenhang zwischen § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG und § 26a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG sowie der in letzterer Vorschrift zum Ausdruck gekommene Grundsatz der Individualbesteuerung. Denn soweit § 26a Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG außergewöhnliche Belastungen demjenigen Ehegatten zurechnet, "der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat", ist dies typisierend derjenige Ehegatte, dem der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG zusteht.

§ 26a Abs. 2 Satz 2 EStG regelt hingegen gerade eine Ausnahme von dem Grundsatz der Individualbesteuerung. Die in dieser Ausnahme zum Ausdruck gekommene Wertung des Gesetzgebers, dem Selbstbestimmungsrecht der Ehegatten  auch bei der Zuordnung bestimmter Aufwendungen in beschränktem Umfang Geltung zu verschaffen, rechtfertigt auch eine abweichende Zuordnung des Pauschbetrags.

Auch § 33b Abs. 1 bis 3 EStG enthält keine gegenüber § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG spezielle Regelung für die hälftige Aufteilung des einem Ehegatten zustehenden Behinderten-Pauschbetrags im Rahmen der Einzelveranlagung von Ehegatten. Dieses Verständnis entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu § 26a Abs. 2 Satz 1 EStG in der bis zum 31.12. 2011 geltenden Fassung, an der der BFH auch weiterhin festhält. Denn es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 26a Abs. 2 EStG von der bisherigen Möglichkeit einer hälftigen Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags abrücken wollte.

BFH, Urteil vom 20.12.2017, III R 2/17, veröffentlicht am 21.3.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt