12.12.2019

Alle am 12.12.2019 veröffentlichten Entscheidungen des BFH

Hier finden Sie die Leitsätze der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidungen des BFH. Mit den Auswirkungen und Konsequenzen setzen sich die Autoren unserer steuerrechtlichen Zeitschriften vertiefend auseinander.

BFH v. 28.5.2019, II R 4/16
Jahreswert von Nießbrauchsrechten
Wird ein Grundstück unter Vorbehalt des Nießbrauchs geschenkt, mindert der Wert des Nießbrauchsrechts die Bereicherung des Bedachten. Der Jahreswert des Nießbrauchrechts ist unter Abzug der Schuldzinsen für die zum Zeitpunkt der Zuwendung bestehenden Darlehen zu ermitteln, wenn die Schuldzinsen vom Schenker als Nießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchsrechts aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung getragen werden.


BFH v. 25.7.2019, III R 34/18
Koordinierung von Kindergeldansprüchen zwischen zwei EU-Staaten
1. Familienleistungen nach dem polnischen Gesetz über staatliche Beihilfen zur Kindererziehung vom 17.02.2016 (sog. 500+) sind auf das in Deutschland gezahlte Kindergeld anzurechnen.
2. Es handelt sich auch nach europarechtlichen Grundsätzen um Familienleistungen gleicher Art.
3. Die Mitteilung einer ausländischen Behörde über die Gewährung einer Familienleistung hat Bindungswirkung für die Familienkasse (vgl. Senatsurteil vom 26.07.2017 - III R 18/16, BFHE 259, 98, BStBl II 2017, 1237). Erfolgt diese erst nach der Kindergeldfestsetzung, so stellt diese eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG dar.


BFH v. 19.9.2019, IV R 50/16
Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Aufgabe des Anteils an einer Mitunternehmerschaft durch einen Fiskalerben (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG)
1. Zum Gewerbeertrag einer Personengesellschaft gehört nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG auch der Gewinn eines Fiskalerben aus der Aufgabe des von einer verstorbenen natürlichen Person ererbten Mitunternehmeranteils.
2. Der durch den Wegfall eines negativen Kapitalkontos, das der ohne Abfindung ausscheidende Kommanditist nicht ausgleichen muss, entstehende Aufgabegewinn wird durch gleich hohe Verluste der verbleibenden Gesellschafter, auf die das negative Kapitalkonto des Ausgeschiedenen zu verteilen ist, betragsmäßig ausgeglichen mit der Folge, dass der Gewerbeertrag der Personengesellschaft rechnerisch unberührt bleibt.


BFH v. 25.7.2019, IV R 51/16
Endgültige Einnahmelosigkeit einer Kapitalbeteiligung als rückwirkendes Ereignis
1. Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben.
2. Die endgültige Einnahmelosigkeit ist ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.


BFH v. 5.9.2019, V R 58/17
EuGH-Vorlage zur Entwicklung und Vermittlung von Versicherungsprodukten
Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Liegt eine zu den zu Versicherungs- und Rückversicherungsumsätzen dazugehörige Dienstleistung vor, die von Versicherungsmaklern und -vertretern i.S. von Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei erbracht wird, wenn ein Steuerpflichtiger, der für eine Versicherungsgesellschaft eine Vermittlungstätigkeit ausübt, dieser Versicherungsgesellschaft zusätzlich auch das vermittelte Versicherungsprodukt zur Verfügung stellt?


BFH v. 4.9.2019, VI R 52/17
Kein Pflege-Pauschbetrag für den amtlich bestellten Betreuer
1. Die dem amtlich bestellten Betreuer gewährte Aufwandsentschädigung ist keine Einnahme für die Pflege der betreuten Person i.S. des § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG.
2. Dem amtlich bestellten Betreuer ist der Pflege-Pauschbetrag nur aufgrund des Betreuungsverhältnisses ohne eine darüber hinausgehende enge persönliche Beziehung zum Betreuten nicht zu gewähren, da dem Betreuer aus dem Betreuungsverhältnis die Pflege des Betreuten nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 EStG erwächst.


BFH v. 9.7.2019, X R 9/17
Ausfall von Gesellschafterdarlehen und Refinanzierungszinsen
1. Die Hingabe von Gesellschafterdarlehen an Kapitalgesellschaften, an denen der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, begründet auch bei einem beträchtlichen Kreditvolumen weder die Eigenschaft als Marktteilnehmer noch überschreitet diese Tätigkeit ohne Weiteres die Grenze der privaten Vermögensverwaltung.
2. Die gewerbliche Darlehenshingabe verlangt eine "bankähnliche" bzw. "bankentypische" Tätigkeit.
3. Bloße Darlehensgewährungen führen zu keiner sachlichen Verflechtung und begründen keine Betriebsaufspaltung.
4. Der Steuerpflichtige kann als Gläubiger der Kapitalerträge jedenfalls dann eine der Anteilseigner-Kapitalgesellschaft nahe stehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG sein, wenn er aufgrund seiner Beteiligung an dieser über die Mehrheit der Stimmrechte in deren Gesellschafterversammlung verfügt (Anschluss an BFH-Urteil vom 20.10.2016 - VIII R 27/15, BFHE 256, 248, BStBl II 2017, 441).
 
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