10.04.2014

Altersgrenze bei Notaren ist mit der Charta der Grundrechte der EU vereinbar

Die in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO geregelte Altersgrenze ist - die Anwendbarkeit der Charta der Grundrechte der EU (GRC) unterstellt - mit Art. 15, 16, 17 und 21 GRC vereinbar. Die Bestimmungen beinhalten eine nach Art. 52 Abs. 1 GRC zulässige Einschränkung der - hypothetisch - betroffenen aus der Charta folgenden Rechte.

BGH 17.3.2014, NotZ(Brfg) 21/13
Der Sachverhalt:
Der im Mai 1943 geborene Kläger ist Rechtsanwalt und wurde 1983 zum Notar bestellt. Er hatte bei der Beklagten beantragte, festzustellen, dass sein Amt als Notar nicht mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollende, erlösche. Er war der Auffassung, die in § 47 Nr. 1, § 48a BNotO bestimmte Altersgrenze verstoße gegen deutsches Verfassungsrecht und europäisches Recht.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Der Kläger hat seinen Feststellungsantrag gerichtlich weiterverfolgt und überdies beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Fortsetzung seiner Tätigkeit als Notar über den 31.5.2013 hinaus zu dulden und Maßnahmen zu unterlassen, die ihn in seiner freien notariellen Berufsausübung im bisherigen Umfang einzuschränken geeignet seien.

Das KG wies die Klage ab. Der BGH lehnte den Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, ab.

Gründe:
Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind bereits - weitgehend - zum Nachteil des Klägers geklärt.

Danach verstoßen § 47 Nr. 1 u. § 48a BNotO weder gegen das GG noch gegen das aus der Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf folgende Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters. Maßgebend für die Altersgrenze ist die Sicherung einer geordneten Altersstruktur des aktiven Notariats und die Notwendigkeit, im Interesse der beruflichen Perspektive jüngerer Anwärter für eine ausreichende Fluktuation zu sorgen, da anderenfalls für die Besetzung der nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehenden Notarstellen nicht, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Vorhersehbarkeit und Planbarkeit gewährleistet wäre, dass lebensältere Notare die ihnen zugewiesenen Stellen für jüngere Bewerber freimachen. Für das hauptberufliche wie das Anwaltsnotariat bestehen diese Gründe gleichermaßen.

Der Kläger kann auch nicht Art. 15, 16, 17 u. 21 der Charta der Grundrechte der EU (Abl. Nr. L 303 S. 1 - GRC) für seine Rechtsposition nutzbar machen. Bereits der Anwendungsbereich der Charta dürfte auch unter Berücksichtigung der Auslegung von Art. 51 Abs. 1 S. 1 GRC durch den EuGH in seinem Urteil vom 26.2.2013 (C-617/10 - Akerberg Fransson) nicht eröffnet sein, da die Zuständigkeit für das Berufsrecht der Notare nicht auf die EU übertragen ist. Die notarielle Tätigkeit dürfte zudem nicht vom Schutzbereich der Art. 16 u. 17 GRC erfasst sein. Unter anderem der (schlicht) hoheitliche Charakter der notariellen Amtstätigkeit dürfte auch ihrer Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 17 Abs. 1 GRC entgegenstehen, der das private Eigentum garantiert.

Und selbst wenn die Anwendbarkeit der EU-Grundrechtecharta auf den vorliegenden Sachverhalt und die Einbeziehung der notariellen Tätigkeit in die Schutzbereiche sämtlicher vom Kläger angeführter Grundrechte unterstellt wird, würde sich hieraus ein Widerspruch zu § 47 Nr. 1, § 48a BNotO nicht ergeben. Vielmehr beinhalten diese Bestimmungen eine nach Art. 52 Abs. 1 GRC zulässige Einschränkung der - hypothetisch - betroffenen aus der Charta folgenden Rechte.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.
BGH online