03.08.2018

Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung zulasten des leistenden Unternehmers in Bauträgerfällen

Es reicht für die Änderung von Umsatzsteuerfestsetzungen zulasten eines Bauunternehmers in sog. Bauträgerfällen gem. § 27 Abs. 19 UStG aus, wenn dem Unternehmer gegen den Leistungsempfänger zum Zeitpunkt der Änderung Festsetzung ein abtretbarer Anspruch zustand.

FG Münster 15.5.2018, 7 5 K 3278/15 U
Der Sachverhalt:

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen und erbrachte im Jahr 2012 Bauleistungen an eine Bauträgerin. Die hierauf entfallende Umsatzsteuer hatte die Leistungsempfängerin nach § 13b UStG entrichtet, machte aber unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.8.2013 (V R 37/10) einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt geltend. Trotz Hinweises des Finanzamts erteilte die Klägerin zunächst keine korrigierten Rechnungen und erklärte auch nicht die Abtretung der Zahlungsansprüche gegen die Bauträgerin.

Das Finanzamt änderte daraufhin die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012 im Jahr 2015 zulasten der Klägerin. Hiergegen wandte die Klägerin ein, keinen abtretbaren Anspruch gegen ihre Leistungsempfängerin zu haben; jedenfalls sei dieser verjährt. Während des Klageverfahrens erklärte die Klägerin dennoch die Abtretung und stellte berichtigte Rechnungen aus.

Das FG wies die Klage ab. Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:

Die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung ist durch § 27 Abs. 19 UStG gedeckt. Gegen diese Vorschrift bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie ist im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung allerdings unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Änderung dann zulässig ist, wenn dem leistenden Unternehmer ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.

Ein solcher Anspruch steht der Klägerin gegen die Bauträgerin gem. § 313 Abs. 1 BGB zu, weil die Vertragsparteien in Übereinstimmung mit der damals geltenden Verwaltungsauffassung davon ausgegangen sind, dass die Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer schuldet. Durch die BFH-Rechtsprechung ist es zu einer schwerwiegenden Veränderung in Bezug auf die Person des Steuerschuldners als Vertragsgrundlage gekommen. Ob der Anspruch verjährt ist, ist unerheblich, da eine Verjährung lediglich eine Einrede ermöglicht, an der Abtretbarkeit aber nichts ändert.

Jedenfalls war aber die dreijährige Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2012 im Jahr 2015 noch nicht abgelaufen. Dies gilt unabhängig davon, ob für den Beginn der Verjährung die Ausführung der Bauleistung (2012), die Kenntnis des leistenden Unternehmers vom Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers (2015), die Verkündung des BFH-Urteils vom 22.8.2013 oder die Verkündung der ersten höchstrichterlichen Entscheidung über mögliche Nachzahlungsansprüche (BFH-Urteil vom 23.2.2017, V R 16, 24/16) maßgeblich ist.

Die erst im Klageverfahren erklärte Abtretung führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierüber kann nicht im vorliegenden Verfahren, sondern im Verfahren über einen Abrechnungsbescheid, entschieden werden. Gleiches gilt für die berichtigten Rechnungen.

Linkhinweis:

FG Münster NL vom 16.7.2018