13.07.2016

Anforderungen an die Fristsetzung zur Nacherfüllung im Kaufrecht

Unter Fortführung der bisherigen Senats-Rechtsprechung genügt es für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-) Termins bedarf es dabei nicht.

BGH 13.7.2016, VIII ZR 49/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte bei dem beklagten Küchenstudio eine Einbauküche zum Gesamtpreis von rund 82.913 € brutto bestellt. Die Küche wurde Mitte Januar 2009 bei der Klägerin eingebaut. Der Ehemann der Klägerin beanstandete in einem Gespräch mit dem Inhaber der Beklagten Ende Januar/Anfang Februar 2009 mehrere Sachmängel der Einbauküche. Die Klägerin behauptete, ihr Ehemann habe "unverzügliche" Beseitigung der gerügten Mängel verlangt.

Mit einer E-Mail vom 16.2.2009 äußerte die Klägerin die Bitte um schnelle Behebung von näher bezeichneten Mängeln, die sich zusätzlich bemerkbar gemacht hätten. Mit Schreiben vom 11.3.2009 listete die Klägerin alle ihr bekannten Mängel auf und verlangte von der beklagten, diese bis zum 27.3.2009 zu beheben. Später behauptete sie, der Inhaber der Beklagten habe ihr daraufhin am 16.3.2009 telefonisch zugesagt, die Küche werde bis zum 23.3.2009 "fix und fertig" gestellt. Nach Ausbleiben der Mängelbeseitigung erklärte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 31.3.2009 den Rücktritt vom Vertrag.

In einem von der Klägerin eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahren kam der Sachverständige im Juli 2009 zu dem Befund, dass die wichtigsten Bereiche der Einbauküche nicht oder nur bedingt funktionierten. LG und OLG wiesen die auf Rückabwicklung des Vertrages sowie Schadensersatz gerichtete Klage ab. Das OLG hatte im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Klägerin es versäumt habe, der Beklagten vor dem am 31.3.2009 erklärten Rücktritt eine angemessene Frist zur Nachbesserung der gerügten Mängel zu setzen, für die es eine Zeit von vier bis sechs Wochen als angemessen erachtete.

Auf die Revision der Klägerin hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des OLG zurückverwiesen, der insbesondere Beweis über die behaupteten Sachmängel zu erheben haben wird.

Die Gründe:
Unter Fortführung der bisherigen Senats-Rechtsprechung genügt es für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-) Termins bedarf es dabei nicht.

Im vorliegenden Fall enthielt insbesondere das in der E-Mail vom 16.2.2009 mit auf fünf Seiten konkretisierten Mängeln der Einbauküche und der Bitte um "schnelle Behebung" versehene Nachbesserungsverlangen der Klägerin eine ausreichende Fristsetzung. Denn mit einer derartigen Formulierung wird dem Verkäufer eine zeitliche Grenze gesetzt, die aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls bestimmbar ist und ihm vor Augen führt, dass er die Nachbesserung nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt bewirken darf.

Trotz der gewählten höflichen Bezeichnung als "Bitte" hatte die Klägerin dabei auch keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Nacherfüllungsverlangens aufkommen lassen, zumal der E-Mail bereits die mündliche Nachbesserungsaufforderung von Januar/Februar 2009 vorausgegangen war. Die nach Zugang dieser E-Mail bis zur Rücktrittserklärung verstrichene Zeit von sechs Wochen war nach der insoweit nicht angegriffenen Beurteilung des OLG zur Nachbesserung auch angemessen.

Außerdem hatte das OLG verkannt, dass nach der genannten Senatsrechtsprechung auch die von der Klägerin behaupteten mündlichen Mängelrügen ihres Ehemannes von Januar/Februar 2009 - die ihr zuzurechnen wären - mit dem Verlangen "unverzüglicher" Beseitigung der Mängel Grundlage eines tauglichen Nachbesserungsverlangens sein könnten. Weiterhin hatte es im Zusammenhang mit der Nachbesserungsaufforderung vom 11.3.2009, die mit einer - zu kurzen - Fristsetzung versehen war, der unter Beweis gestellten der Behauptung der Klägerin, der Inhaber der Beklagten habe ihr in einem Telefonat zugesagt, dass die Einbauküche bereits zum 23.3.2009 "fix und fertig" gestellt würde, zu Unrecht keine Bedeutung zugemessen. Schließlich darf der Gläubiger auch eine objektiv zu kurze Nachbesserungsfrist als angemessen ansehen, wenn der Verkäufer sie dem Käufer selbst vorgeschlagen hat.

Überdies sprach alles dafür, dass die Klägerin gem. § 440 S. 1 Var. 3 BGB sogar ohne vorherige Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt war, weil die ihr zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar war. Um dies zu beurteilen, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen - insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei Übergabe einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist. Das OLG hatte hier auch insoweit den Tatsachenvortrag der Klägerin unzureichend gewürdigt und außer Acht gelassen, dass diese eine ungewöhnliche Häufung grober Montagemängel beanstandet hatte.

Linkhinweise:

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BGH PM Nr. 121 vom 13.7.2016