Anspruch auf Kaufpreiszahlung: Zur Bestimmtheit des Gegenstands des erhobenen Anspruchs in der Klageschrift
BGH 16.11.2016, VIII ZR 297/15Die Klägerin nimmt den Beklagten auf restliche Kaufpreiszahlung (inkl. vorgerichtlicher Zinsen und Mahnauslagen) i.H.v. rd. 3.640 € sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltsgebühren i.H.v. rd. 350 €, insgesamt 3.990 €, jeweils nebst Zinsen, sowie auf Feststellung, dass auch der Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung vorliege, in Anspruch.
Zur Begründung der Klage trug die Klägerin folgendes vor: Der Beklagte habe von ihr im Februar 2015 Waren bezogen. Die Lieferungen habe sie ihm am 23.2.2015 (Rechnungsnr. 8 über rd. 120 €) und am 24.2.2015 (Rechnungsnr. 87 über rd. 3.480 €) in Rechnung gestellt. In den Rechnungen seien jeweils die gelieferten Waren und die Zeitpunkte ihrer Anlieferung angegeben. Der Beklagte habe den Kaufpreis trotz Mahnung nicht bezahlt. Der Beklagte habe die Waren unter der Vorspiegelung bestellt, er könne den Gegenwert fristgerecht bezahlen, obwohl er damit zum Zeitpunkt der Bestellung schon nicht mehr habe rechnen können.
Das AG wies die Klage wegen Unschlüssigkeit des Klagevorbringens als unbegründet ab; das LG wies sie als unzulässig ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.
Gründe:
Sowohl die Leistungsklage als auch die Feststellungsklage sind zulässig erhoben.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift, neben dem Antrag, die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Zur Erfüllung dieser gesetzlichen Vorgaben kommt es nach gefestigter BGH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist. Vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist, indem er durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann.
Diesen Voraussetzungen wird die Darlegung der Klägerin zu dem der Leistungsklage zugrunde liegenden tatsächlichen Geschehen gerecht. Diesbezüglich hat die Klägerin in der Klageschrift vorgetragen, der Beklagte habe bei ihr im Februar 2015 Waren bezogen, die ihm nach jeweiliger schriftlicher Bestätigung unter Angabe des jeweiligen Lieferdatums sowie der einzelnen gelieferten Artikel unter Ansatz der vereinbarten Preise in Rechnung gestellt worden seien. Bei der in der Klageschrift enthaltenen Forderungsberechnung hat sich die Klägerin auf die Rechnung vom 23.2.2015 mit der Nr. 8 über einen Betrag von 120 € sowie die Rechnung vom 24.2.2015 mit der Nr. 87 über 3.480 € bezogen. Zum Beweis für ihren Vortrag hat sie u.a. die Vorlage dieser Rechnungen angekündigt.
Mit diesen Angaben sind Gegenstand und Grund des erhobenen Leistungsanspruchs hinreichend bezeichnet. Durch die Angabe der Nummern der datierten Rechnungen, die nach dem Vortrag der Klägerin die gelieferten Waren im Einzelnen bezeichnen, und die damit erfolgte unverwechselbare Zuordnung der einzelnen Forderungsbeträge, ist der Klagegegenstand auch im Hinblick auf die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) eines späteren Urteils in dieser Sache ausreichend individualisiert. Denn es ist unter Beachtung der Regeln über die materielle Rechtskraft eines Urteils ausgeschlossen, dass eine erneut auf die genannten Rechnungsnummern gestützte Zahlungsklage als zulässig angesehen werden würde. Soweit das LG als Voraussetzung der Zulässigkeit der Leistungsklage von der Klägerin die Vorlage der vorbezeichneten Rechnungen verlangt, überspannt es die Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Danach war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Klageansprüche, entgegen der Auffassung des AG, schlüssig begründet sind. In Bezug auf den Zahlungsantrag bedarf es keiner näheren Ausführungen, da die diesbezügliche Klagebegründung ohne Weiteres den Schluss auf einen bestehenden Anspruch der Klägerin aus § 433 Abs. 2 BGB zulässt. Auch das Feststellungsbegehren ist schlüssig begründet.
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