Antragsbefugnis nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG
KurzbesprechungStraBEG § 10 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1
Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG ist die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, soweit nach dem StraBEG keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG stellt eine eigenständige Änderungsvorschrift dar. Sind deren Voraussetzungen erfüllt, besteht ein Anspruch auf Aufhebung oder Änderung der mit der strafbefreienden Erklärung bewirkten Festsetzung.
Straf- oder Bußgeldfreiheit i.S. des § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG tritt u.a. dann nicht ein, wenn es an einer der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten oder an einer Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG fehlt. Wurde dennoch eine strafbefreiende Erklärung abgegeben, ist die dadurch erzeugte Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern.
Eine strafbefreiende Erklärung, der keine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten und keine Steuerordnungswidrigkeit i.S. des §6 StraBEG zugrunde liegt, ist unwirksam. Ob in einem solchen Fall auch die auf der Erklärung beruhende Steuerfestsetzung unwirksam ist, ist bislang nicht ausdrücklich entschieden und konnte im Streitfall auch dahinstehen. Denn ist die Steuerfestsetzung wirksam, ist sie nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG aufzuheben, soweit der Steuerpflichtige keine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten und auch keine Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG begangen hat. Ist sie unwirksam, dient ihre Aufhebung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG der Beseitigung eines Rechtsscheins.
Befugt, einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG zu stellen, ist in erster Linie der Inhaltsadressat jener Festsetzung. Als Inhaltsadressaten kommen mehrere Personen in Frage, zum einen der Erklärende, d.h. die Person, die die strafbefreiende Erklärung abgegeben hat, und zum anderen der Schuldner der Steuer, auf die sich die in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG genannten Taten und die Steuerordnungswidrigkeiten i.S. des § 6 StraBEG beziehen. Erklärender und Steuerschuldner können identisch, aber auch verschiedene Personen sein.
Im entschiedenen Streitfall konnte dahinstehen, wer Adressat der Festsetzung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG ist. Denn das Recht, den Antrag nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG zu stellen, steht auch dem (vermeintlichen) Steuerschuldner zu. Dies folgt aus dem Umstand, dass die strafbefreiende Erklärung nicht nur strafbefreiende (§ 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG) und steuerfestsetzende (§ 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG) Wirkung hat. Vielmehr erlöschen, soweit Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt, mit Entrichtung der pauschalen Abgabe auch die gegen den Steuerschuldner bestehenden Steueransprüche (§ 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG). Die strafbefreiende Erklärung hat mithin auch rechtsgestaltende Wirkung für und gegen den Steuerschuldner. Diese Wirkung rechtfertigt es, dem (vermeintlichen) Steuerschuldner die Befugnis zur Antragstellung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG unabhängig davon zuzubilligen, ob er Inhaltsadressat der Steuerfestsetzung i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG ist.
Im Streitfall war die durch die strafbefreiende Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung jedenfalls zur Beseitigung des Rechtsscheins ihrer Wirksamkeit aufzuheben. Eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 StraBEG bezeichneten Taten oder eine Steuerordnungswidrigkeit i.S. des § 6 StraBEG lag nicht vor, die liechtensteinische Stiftung hatte über das Stiftungsvermögen nicht habe tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Durch die Vermögensübertragung auf die Stiftung war daher keine Schenkungsteuer entstanden.
Als vermeintliche Schuldnerin der Schenkungsteuer war die Steuerpflichtige befugt, den Antrag gemäß § 10 Abs. 3 Satz1 StraBEG zu stellen. Auch stand der Eintritt der Festsetzungsverjährung der Aufhebung nicht entgegen. Denn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG war bei der Stellung des Aufhebungsantrags im Juni 2008 noch nicht abgelaufen.
BFH, Urteil vom 14.11.2018, II R 8/16, veröffentlicht am 27.2.2019.