16.04.2012

Anwaltsnotariat: Zum Erfordernis der örtlichen Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F.

Ein Bewerber um ein Anwaltsnotariat, der in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich nur eine Zweigstelle unterhält, die eigentlichen Grundlagen seiner Existenz aber am Hauptsitz seiner in einem anderen Amtsgerichtsbezirk gelegenen Kanzlei erwirtschaftet, erfüllt nicht das Erfordernis der örtlichen Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F.

BGH 5.3.2012, NotZ(Brfg)14/11
Der Sachverhalt:
Im Amtsgerichtsbezirk B ist eine im JMBl. Hessen vom 1.7.2010 ausgeschriebene Notarstelle zu besetzen, auf die sich der Kläger sowie die Beigeladene beworben haben. Der Kläger ist seit 1987 als Rechtsanwalt zugelassen und übte seine Tätigkeit zunächst von Oktober 1987 bis Ende 1990 in O (Amtsgerichtsbezirk B) aus, bevor er in den Amtsgerichtsbezirk G wechselte. Nach Aufhebung des Zweigstellenverbots meldete er zum 6.8.2007 bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt a.M. unter Beibehaltung seiner Kanzlei in G eine Kanzlei in O an.

Mit Bescheid vom 28.2.2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, seiner Bewerbung könne nicht entsprochen werden, weil er im Amtsgerichtsbezirk B lediglich eine Zweigniederlassung in O betreibe und somit nicht die Wartezeit des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. erfülle; es sei deshalb beabsichtigt, die Beigeladene zu berücksichtigen.

Das OLG wies die hierauf vom Kläger erhobene Klage, den Bescheid des Beklagten aufzuheben und diesen zu verpflichten, die ausgeschriebene Notarstelle mit ihm zu besetzen, hilfsweise ihn neu zu bescheiden, ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Regelerfordernis der örtlichen Wartezeit der Auswahl unter den geeigneten Bewerbungen vorgelagert ist. Diese örtliche Wartezeit nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. erfüllt der Kläger bereits nicht.

Nach dieser hier noch einschlägigen Vorschrift soll in der Regel als Anwaltsnotar nur bestellt werden, wer bei Ablauf der Bewerbungsfrist seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsbereich hauptberuflich als Anwalt tätig ist. Ausschlaggebend ist dabei nicht, wo ein Bewerber formell zugelassen ist, sondern wo er tatsächlich seine hauptberufliche Tätigkeit ausübt. Diese örtliche Wartezeit tritt neben die allgemeine Wartezeit des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO. Sie setzt voraus, dass der Rechtsanwalt während einer bestimmten, der angestrebten Notarbestellung unmittelbar vorangehenden Zeit durchgängig bei dem Amtsgericht tätig war, das für den künftigen Amtsbereich zuständig ist.

Der Kläger unterhält zwar seit dem 6.8.2007 unter Beibehaltung seiner Kanzlei in G eine Zweigstelle in O mit Räumlichkeiten zum Empfang und zur Besprechung mit Mandanten sowie moderne Kommunikationsmittel. Für die Zweigstelle existiert eine eigene Telefonnummer, eingehende Anrufe werden automatisch in die Kanzlei nach G weitergeleitet, wo sich die Mitarbeiter aufhalten, wo Aktenführung und Buchhaltung erfolgen und wo die Schreibarbeiten ausschließlich erledigt werden. Demzufolge führt der Kläger seine Kanzleigeschäfte nahezu ausschließlich an seinem Kanzleisitz in G, wo sich im Übrigen die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Tätigkeit befinden.

Soweit der Kläger meint, der Gesetzgeber habe es nach Aufhebung des Zweigstellenverbots lediglich versäumt, § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. entsprechend anzupassen, verkennt er, dass der Gesetzgeber durch die inhaltlich kaum geänderte Neufassung des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BNotO zum Ausdruck gebracht hat, an dem Erfordernis der örtlichen Wartezeit mit dem bisher verstandenen Inhalt festhalten zu wollen. Es war nicht Sinn und Zweck des Wegfalls des Zweigstellenverbots, einem Rechtsanwalt allein durch den Betrieb von mehreren Kanzleien an verschiedenen Orten ohne Berücksichtigung eines Tätigkeitsschwerpunkts erweiterte Optionen für eine Notarstelle zu verschaffen.

Da der Kläger nach alledem die örtliche Wartezeit des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BNotO a.F. nicht erfüllt und eine Ausnahme von diesem Regelerfordernis erkennbar nicht in Betracht kommt, ist dessen Bewerbung zu Recht nicht in das Auswahlverfahren gem. § 6 Abs. 3 BNotO einbezogen worden.

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