09.03.2012

Auch Hotelbetreiber dürfen in der Regel Hausverbote ohne Rechtfertigung durch sachliche Gründe erteilen

Nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmen können ihr Hausrecht grundsätzlich frei ausüben, ohne dass die Erteilung eines Hausverbots als Ausdruck der Privatautonomie gerechtfertigt werden muss. Hat der von dem Hausrecht Betroffene allerdings gegen den Hausrechtsinhaber aufgrund einer vertraglichen Abrede einen Erfüllungsanspruch erworben, der den Aufenthalt in den Räumen einschließt, bedarf das Hausverbot der Rechtfertigung durch sachliche Gründe.

BGH 9.3.2012, V ZR 115/11
Der Sachverhalt:
Die Ehefrau des Klägers hatte für die Zeit vom 6. bis zum 10.12.2009 bei einem Touristikunternehmen für beide Eheleute einen Aufenthalt in einem von der Beklagten betriebenen Wellnesshotel gebucht. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es im November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel der Beklagten nicht möglich sei, da die Beklagte dem Kläger schriftlich ein Hausverbot erteilt habe. Grund dafür war, dass die politische Überzeugung des Klägers - dieser war damals Bundesvorsitzender der NPD - nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten.

Der Kläger sah sich dadurch diskriminiert. Er verwies u.a. darauf, dass er sich bei seinen früheren Aufenthalten in dem Hotel nicht politisch geäußert habe. Da er dies auch bei künftigen und daher auch bei dem gebuchten Aufenthalt ebenso habe halten wollen, hätte das Hausverbot nicht ausgesprochen werden dürfen.

Die Klage auf Widerruf des Hausverbotes blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Auf die Revision des Klägers gab der BGH der Klage insoweit statt, als die Erteilung des Hausverbots den Zeitraum des gebuchten Aufenthalts betraf. Im Übrigen blieb die Revision erfolglos.

Die Gründe:
Die Beklagte durfte als Hausrechtsinhaber dem Kläger gegenüber grundsätzlich ein Hausverbot erteilen.

Das Hausrecht beruht auf dem Grundeigentum oder -besitz und ist zugleich Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie. Der Hausrechtsinhaber kann in der Regel frei darüber entscheiden kann, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt. Der Umstand, dass die Beklagte das Hausverbot auf die politische Überzeugung des Klägers gestützt hatte, führte nicht zu einer für die Entscheidung wesentlichen Einschränkung. Die Vorschriften des AGG, die zwar im Zivilrecht den Schutz vor Diskriminierungen regeln, ergaben keine Beschränkungen bei der Ausübung des Hausrechts.

Der Gesetzgeber hat nämlich bewusst davon abgesehen, das Diskriminierungsverbot auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugungen zu erstrecken. Auch auf Art. 3 Abs. 3 GG konnte sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Nach dieser Vorschrift darf zwar niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden. Sie gilt aber im Verhältnis zwischen Privaten nicht unmittelbar. Im Rahmen der ihr zukommenden sog. mittelbaren Drittwirkung musste eine Abwägung mit den ebenfalls grundgesetzlich geschützten wirtschaftlichen Interessen der Beklagten stattfinden, denen hier der Vorrang einzuräumen war.

Etwas andres galt allerdings für den Zeitraum vom 6. bis 10.12.2009. Denn insoweit bestand die Besonderheit, dass nicht nur die Ehefrau des Klägers, sondern auch dieser selbst mit der Bestätigung der Buchung jedenfalls nach den Regeln des Vertrages zugunsten Dritter einen Anspruch gegen die Beklagte erworben hatte, ihm den gebuchten Aufenthalt in dem Hotel zu gestatten. Eine solche zivilrechtliche Bindung führt dazu, dass die Erteilung eines den Vertrag vereitelnden Hausverbots der Rechtfertigung durch besonders gewichtige Sachgründe bedarf. Durch die freiwillige - privatautonome - Gestaltung der eigenen Interessen verlor die Berufung der Beklagten auf die Privatautonomie, die unternehmerische Freiheit und die Ausübung der Eigentumsrechte nämlich deutlich an Gewicht.

Auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten, bindenden Sachverhalts waren hingegen keine ausreichenden Sachgründe für die Erteilung des Hausverbots anzunehmen. Insbesondere hatte das OLG keine Tatsachen festgestellt, aufgrund deren die Befürchtung bestanden hätte, dass der Kläger bei einem weiteren Aufenthalt in dem von der Beklagten betriebenen Hotel - anders als bei seinen vorherigen Besuchen - nunmehr durch Äußerung rechtsextremer Thesen Unruhe gestiftet hätte oder stiften würde.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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BGH PM Nr. 32 vom 9.3.2012