07.01.2016

Aufklärungsrüge: Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient entscheidend

Eine Aufklärungsrüge ist nicht ausschließlich nach dem Inhalt eines vom Patienten unterzeichneten Aufklärungsbogens zu beurteilen. Das Gericht hat vielmehr den Inhalt des persönlichen Aufklärungsgespräches zwischen Arzt und Patient aufzuklären, weil auf der Grundlage des tatsächlich geführten Gespräches und nicht allein anhand des Aufklärungsbogens zu entscheiden ist, ob der Patient vor einem ärztlichen Eingriff ordnungsgemäß aufgeklärt wurde.

OLG Hamm 9.11.2015, 3 U 68/15
Der Sachverhalt:
Die 1948 geborene Klägerin begab sich wegen anhaltender Kniebeschwerden in die Behandlung der beklagten Klinik. Dort führten die mitverklagten Ärzte im Oktober 2010 eine Knieprothesenrevision durch, bei der eine gelockerte Schlittenprothese durch eine modulare Sonderprothese ersetzt wurde.

Wegen anhaltender Kniebeschwerden - nach Darstellung der Klägerin ist sie heute dauerhaft auf Krücken oder einen Rollstuhl angewiesen - rügte die Klägerin u.a. eine behandlungsfehlerhafte Verletzung ihres Oberschenkelnervs während der Revisionsoperation sowie ihre unzureichende Risikoaufklärung. Entgegen dem Inhalt der Aufklärungsbögen sei sie vor der Operation über Risiken nicht aufgeklärt worden. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz, u.a. eine ab Mai 2013 zu zahlende Schmerzensgeldrente von mtl. 1000 € neben einem Kapitalbetrag von 50.000 €.

Das LG wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keine Haftungsansprüche gegenüber den Beklagten.

Die Aufklärungsrüge greift nicht durch. Dabei ist die Frage der ordnungsgemäßen Aufklärung  der Klägerin nicht allein anhand des Aufklärungsbogens zu entscheiden. Vielmehr kommt es auf den Inhalt des persönlichen Aufklärungsgespräches zwischen Arzt und Patient an, der vorliegend auch durch die Anhörung der Klägerin und der beklagten Ärzte, durch die Zeugenvernehmung des Ehemanns der Klägerin sowie durch die ergänzende Anhörung der medizinischen Sachverständigen ermittelt wurde.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Klägerin auch über das Risiko von Nervenschäden in der bevorstehenden Operation hinreichend aufgeklärt worden ist. Das bestätigen die Angaben der beteiligten Ärzte. Die Darstellung der Klägerin, mit ihr sei von Seiten der Beklagten nie über Risiken der Wechseloperation gesprochen, ist nicht glaubhaft und erscheint lebensfremd, nachdem der Klägerin erst im Vorjahr die Schlittenprothese implantiert worden ist. Mit dem Ergebnis dieser Operation war sie nicht zufrieden, weil sie nach ihren Angaben kaum noch und nur unter Schmerzen laufen konnte.

Selbst wenn man eine defizitäre Aufklärung der Klägerin über die Risiken einer Nervenverletzung unterstellen wollte, führt dies nicht zur Haftung der Beklagten. Der Klägerin ist zudem der ihr - auch bei einem unterstellten Aufklärungsfehler - obliegende Nachweis, dass sich der Aufklärungsmangel verwirklicht hat und durch die Operation eine Nervenschädigung verursacht worden ist, nicht gelungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Ursache des Nervenschadens nicht mehr zu klären, insoweit war daher auch kein orthopädischer Behandlungsfehler in der beklagten Klinik festzustellen.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 7.1.2016
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