05.04.2013

Auflösung einer Abteilung verstößt im Regelfall nicht gegen vereinsrechtliche Treuepflicht

Der Vereinszweck von Sportvereinen, durch sorgfältige Pflege des Sports zur körperlichen Ertüchtigung seiner Mitglieder beizutragen sowie durch den Sport Zusammengehörigkeit unter seinen Mitgliedern zu fördern, setzt nicht zwangsläufig voraus, dass die Vereine zur Ausübung einer bestimmten Sportart (hier: Rudern) eine entsprechende Abteilung unterhalten. Somit verstößt die Auflösung einer solchen Abteilung in der Regel auch nicht gegen die vereinsrechtliche Treuepflicht.

BGH 19.2.2013, II ZR 169/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Sportverein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Bei der Beklagten handelt es sich um die "Abteilung Rudersport" in der Rechtsform eines nicht rechtsfähigen Vereins, die selbst kein Mitglied des Klägers ist. Das Vermögen des Klägers besteht im Wesentlichen aus einem Grundstück, das ausschließlich von Mitgliedern der Beklagten, die zugleich Mitglieder des Klägers sind, genutzt wird. Der Kläger möchte das Grundstück verkaufen, um so ein zurückgehendes Spendenaufkommen zugunsten aller seiner Abteilungen ausgleichen zu können.

In einem Vorprozess wurde bereits entschieden, dass diesbezüglich ein mit einem Interessenten abgeschlossener Kaufvertrag aus dem Jahr 2003 wirksam sei. Der Vorstand des Klägers sei nach dem Inhalt der Satzung berechtigt gewesen, ohne zustimmende Beschlussfassung der Mitgliederversammlung das Grundstück zu veräußern. Infolgedessen forderte der Kläger die Beklagte auf, sich eine neue Sportstätte zu beschaffen und das Grundstück für eine Übergabe an den Käufer zu räumen. Dabei wies er sie auf fünf nach seiner Auffassung für die Zwecke des Rudersports geeignete Ersatzgrundstücke hin. Da sich die Beklagte weiter weigerte, das Grundstück zu räumen, trat der Käufer von dem Kaufvertrag zurück.

Die Beklagte wollte ohne rechtskräftiges Räumungsurteil das Grundstück nicht räumen. Sie vertrat außerdem die Ansicht, der Verkauf des Grundstücks sei zweckwidrig, sie habe ein Besitzrecht an dem Grundstück, die nachgewiesenen Ersatzgrundstücke seien für den Rudersport nicht geeignet und ohnehin sei eine nur mietweise Überlassung eines Grundstücks nicht akzeptabel. Das LG gab der Räumungsklage statt; das KG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das KG zurück.

Gründe:
Das Berufungsgericht hatte den Umfang der vereinsrechtlichen Treuepflicht überspannt.

Es geht dem Kläger darum, Liquidität zu schaffen, um alle seine Abteilungen besser unterstützen zu können. Ob durch einen Verkauf des Vereinsgrundstücks dieses Interesse tatsächlich gefördert wird, ist unerheblich. Denn nach BGH-Urteil vom 2.7.2007 (Az.: II ZR 111/05) ist es mit dem in Angelegenheiten des Gesamtvereins bestehenden Weisungsrecht des Klägers unvereinbar, der Beklagten, die nur ihre eigenen Belange selbst regeln darf, die Befugnis zuzuerkennen, Beschlüsse des ihr übergeordneten Klägers inhaltlich zu beanstanden.

Die Veräußerung des Vereinsgrundstücks ist grundsätzlich auch nicht von der Zustimmung der Mitgliederversammlung des Klägers abhängig. Der Verkauf des Grundstücks führt nicht zwingend zu einer Änderung der Satzung. Erst recht kommt es dadurch, selbst wenn damit die Ausübung einer bestimmten Sportart zum Erliegen kommen sollte, nicht zu einer Änderung des Vereinszwecks auf der Ebene des Klägers. Schließlich besteht der Vereinszweck des Klägers laut Satzung darin, durch sorgfältige Pflege des Sports zur körperlichen Ertüchtigung seiner Mitglieder beizutragen sowie durch den Sport Zusammengehörigkeit unter seinen Mitgliedern zu fördern. Das setzt allerdings nicht zwingend voraus, dass der Kläger eine bestimmte Abteilung unterhält.

Das Berufungsgericht muss im weiteren Verfahren prüfen, ob die der Beklagten von dem Kläger nachgewiesenen Ersatzgrundstücke für die Ausübung des Rudersports geeignet sind. Sollte das der Fall sein, könnte sich die Beklagte nicht mehr darauf berufen, sie habe bei einer Räumung und Herausgabe keinen Zugang mehr zu einem Gewässer. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob die Mittel der Beklagten grundsätzlich ausreichen, um die Miete für ein Ersatzgrundstück zu zahlen. Dann wäre es vorrangig Sache der Beklagten, sich um ein geeignetes Grundstück zu bemühen.

Linkhinweis:

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