04.01.2018

Aufwendungen für heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung führen auch dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Kurzbesprechung
BFH v. 5.10.2017 - VI R 47/15

EStG § 33

Im Streitfall lebte die Steuerpflichtige im Streitjahr 2011 in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Aufgrund ihrer Unfruchtbarkeit entschloss sie sich, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (sog. heterologe künstliche Befruchtung). Die Behandlung ließ sie in einer dänischen Klinik durchführen und machte die Kosten dieser Behandlung von rund 8.500 € als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 EStG geltend. FA und FG ließen die Aufwendungen unter Hinweis auf die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen nicht zum Abzug zu.

Dies sieht der BFH jedoch anders und gab der Klage im Revisionsverfahren in vollem Umfang statt. Er entschied, dass Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation als Krankheitskosten zu einer außergewöhnlichen Belastung im Sinne des § 33 EStG führen. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerpflichtige, wie im Streitfall, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Der BFH machte deutlich, dass ein steuermindernder Abzug jedoch voraussetzt, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung führen daher nur zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn sie in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt, da die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen mehrerer Bundesländer der bei der Steuerpflichtigen vorgenommenen Kinderwunschbehandlung nicht entgegenstanden.

Der BFH ging zudem von einer Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität aus. Diese kann nach seiner Auffassung auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden. Entsprechend waren die Kosten daher in vollem Umfang abziehbar und nicht aufzuteilen, da sie insgesamt dazu dienten, die Fertilitätsstörung der Steuerpflichtigen auszugleichen.

BFH, Urteil vom 5.10.2017, VI R 47/15, veröffentlicht am 3.1.2018.

Verlag Dr. Otto Schmidt