24.11.2014

Ausgleich für Flugverspätung auch bei Verzögerung nach Kollision eines Treppenfahrzeugs mit dem für den Flug vorgesehenen Flugzeug

Die Kollision eines Treppenfahrzeugs mit einem Flugzeug ist kein außergewöhnlicher Umstand, der das Luftfahrtunternehmen von seiner bei Verspätung eines Fluges von mehr als drei Stunden bestehenden Ausgleichspflicht befreien könnte. Eine solche Kollision ist nämlich als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens ist.

EuGH 14.11.2014, C-394/14
Hintergrund:
Nach dem Unionsrecht sind die Luftfahrtunternehmen verpflichtet, den Fluggästen bei Annullierung eines Fluges oder einer Verspätung von mehr als drei Stunden einen Ausgleich zu leisten. Das Luftfahrtunternehmen ist jedoch von seiner Ausgleichspflicht befreit, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung oder Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Der Sachverhalt:
Die Klägerinnen buchten bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen Condor einen Flug von Antalya (Türkei) nach Frankfurt. Bei diesem Flug kam es zu einer Ankunftsverspätung von mehr als sechs Stunden. Die Beklagte trägt vor, diese Verspätung sei darauf zurückzuführen, dass das Flugzeug am Vorabend auf dem Stuttgarter Flughafen beschädigt worden sei. Ein Treppenfahrzeug sei gegen das Flugzeug gefahren und habe einen Flügel strukturell beschädigt, so dass das Flugzeug habe ersetzt werden müssen. Dabei handele sich um einen "außergewöhnlichen Umstand", der sie von ihrer Ausgleichspflicht befreie.

Das mit der Rechtssache befasste AG Rüsselsheim (Deutschland) möchte vom EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens wissen, ob ein Vorkommnis wie die Kollision eines Treppenfahrzeugs mit einem Flugzeug als "außergewöhnlicher Umstand" zu qualifizieren und das Luftfahrtunternehmen damit von seiner Ausgleichspflicht befreit ist.

Die Gründe:
Ein solches Vorkommnis wie der Zusammenstoß des Treppenfahrzeugs mit dem Flugzeug am Stuttgarter Flughafen kann nicht als "außergewöhnlicher Umstand" qualifiziert werden kann, so dass die Beklagte in Anbetracht der großen Verspätung des Fluges vorliegend nicht von ihrer Ausgleichspflicht gegenüber den klagenden Fluggästen befreit war.

Technische Probleme können zwar als außergewöhnliche Umstände angesehen werden können, wenn sie ein Vorkommnis betreffen, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens ist und aufgrund seiner Natur oder Ursache von ihm tatsächlich nicht zu beherrschen ist. Im Hinblick auf die Kollision eines Treppenfahrzeugs mit einem Flugzeug ist allerdings zu bemerken, dass Treppenfahrzeuge oder Gangways bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt werden, um diesen das Ein- oder Aussteigen zu ermöglichen.

Die Luftfahrtunternehmen sind also regelmäßig mit Situationen konfrontiert, die sich aus dem Einsatz solcher Geräte ergeben. Daher ist die Kollision eines Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens ist. Es deutet vorliegend darüber hinaus nichts darauf hin, dass der im vorliegenden Fall an dem Flugzeug entstandene Schaden durch einen außerhalb der normalen Flughafendienstleistungen liegenden Akt wie einen Sabotageakt oder eine terroristische Handlung - beides würde unter den Begriff "außergewöhnliche Umstände" fallen - verursacht worden wäre.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 157 vom 21.11.2014
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