22.03.2016

Avalgebühren für eine Prozessbürgschaft stellen Kosten der Zwangsvollstreckung dar

Die Kosten für eine Prozessbürgschaft zur Vollstreckung aus einer nur gegen Stellung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten Entscheidung gem. § 709 S. 1 ZPO sind Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO. Damit hat sich der Senat der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum angeschlossen.

BGH 10.2.2016, VII ZB 56/13
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin war durch Urteil des AG (Familiengericht) aus Juli 2004 zur Zahlung von 40.903 € nebst Zinsen an den Antragsteller verurteilt worden. Das Urteil war gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller erbrachte die Sicherheit durch Übergabe einer Prozessbürgschaft der Kreissparkasse und betrieb die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück der Antragsgegnerin durch Eintragung einer Zwangshypothek. In der Rechtsmittelinstanz einigten sich die Parteien im November 2007 mit Vergleich darauf, dass umgekehrt der Antragsteller an die Antragsgegnerin 45.000 € zahlt.

Später begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin Erstattung der Avalkosten für die Prozessbürgschaft i.H.v. 5.002 €. Das Familiengericht wies den Antrag, die Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung des ursprünglichen Hauptsacheverfahrens festzusetzen, ab. Es war der Ansicht, es handele sich um Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO. Infolgedessen beantragte der Antragsteller beim AG (Vollstreckungsgericht), die Avalkosten nebst Zinsen als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung festzusetzen.

Das Vollstreckungsgericht gab dem Antrag statt; das LG hat den Beschluss aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Antragstellers blieb vor dem BGH erfolglos.

Gründe:
Zwar hat das Beschwerdegericht zu Unrecht angenommen, dass die Kosten für die Beschaffung einer Prozessbürgschaft, die für die Vollstreckung aus einem nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Titel erforderlich ist, keine Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO darstellten. Schließlich hatte der BGH bereits am 4.10.2012 (Az.: VII ZB 11/10) entschieden, dass die Kosten für eine zur Ermöglichung der Zwangsvollstreckung beigebrachte Avalbürgschaft jedenfalls Verfahrenskosten im weiteren Sinne darstellen.

Ob Avalkosten für eine Prozessbürgschaft für eine nur gegen Stellung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Entscheidung gem. § 709 S. 1, § 711 S. 1 Hs. 3 ZPO als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 1 ZPO oder als Verfahrenskosten nach §§ 91, 103 ZPO einzuordnen sind, ist umstritten. Der BGH konnte diese Frage bislang offen lassen. Vereinzelt wird zwar angenommen, dass es sich um Kosten zur Beschaffung des Titels und damit um Kosten des Rechtsstreits, die nach §§ 103 ff. ZPO festzusetzen sind, handelt. Der Senat entscheidet diese Streitfrage jedoch - wie die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum - dahingehend, dass die Kosten einer Prozessbürgschaft für eine nur gegen Stellung einer Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärte Entscheidung gem. § 709 S. 1, § 711 S. 1 Hs. 3 ZPO Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO sind.

Der angegriffene Beschluss stellte sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar, § 577 Abs. 3 ZPO. So folgt aus § 788 Abs. 3 ZPO, dass ein Gläubiger nach Ersetzung des vorläufig vollstreckbaren Titels durch ein Urteil oder einen Prozessvergleich die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht mehr gegen den Schuldner geltend machen kann, soweit der Verurteilung die materiell-rechtliche Grundlage entzogen wird. § 788 Abs. 3 ZPO beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt. Danach sind die Kosten einer im Ergebnis zu Unrecht erfolgten Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel nach dessen Aufhebung oder Abänderung nicht nur nach § 788 Abs. 3 ZPO zu erstatten, sondern dürfen bereits im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 788 Abs. 2, § 103 ZPO keine Berücksichtigung finden. Und so lag der Fall auch hier.

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