Baulücke: Empfindlich hohe Vertragsstrafe ist nicht zwangsläufig sittenwidrig
OLG Köln 30.11.2018, 3 U 53/18Der Beklagte hatte im Jahr 2007 ein Grundstück in der Richard-Wagner-Straße in Köln gekauft und im Kaufvertrag die Verpflichtung übernommen, das Grundstück bis zum 31.12.2009 u.a. mit einem Wohn- und Geschäftshaus und einer Tiefgarage zu bebauen. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Verpflichtung war eine Vertragsstrafe i.H.v. 10.000 € je angefangenem Monat der Fristüberschreitung vereinbart. Das Grundstück ist bis heute nicht bebaut.
Ein im Jahr 2008 beantragter Vorbescheid für eine aus Holz bestehende Notbebauung des Grundstücks hatte die Stadt noch im selben Jahr abgelehnt. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Nachdem die Stadt in zwei vorangegangenen Gerichtsverfahren erfolgreich die Vertragsstrafe für die Monate Januar 2010 bis Januar 2011 (insgesamt 13 Monate) eingeklagt hatte, hat sie im vorliegenden Verfahren eine Vertragsstrafe i.H.v. 710.000 € für den Zeitraum von Februar 2011 bis Dezember 2016 (71 Monate) verlangt.
Das LG gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten vor dem OLG blieb erfolglos.
Die Gründe:
Die Vertragsstrafe ist wirksam, insbesondere nicht sittenwidrig. Der Anspruch ist weder verwirkt noch verjährt.
Der beklagte Eigentümer hatte nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Stadt die Vertragsstrafe nicht mehr geltend machen würde. Zumal sie durch die vorangegangenen Verfahren deutlich gemacht hatte, dass sie auf der Erfüllung der Bebauungsverpflichtung bestehen würde. Zwar ist der Betrag empfindlich hoch, doch ist dies allein dem Umstand geschuldet, dass der Eigentümer auch gut zehn Jahre nach Übernahme der vertraglichen Bebauungsverpflichtung das Grundstück immer noch nicht bebaut hat. Dies beruht ganz allein auf seiner eigenen Entscheidung und kann der Stadt nicht zum Vorwurf gemacht werden. Der Eigentümer ist zudem durch die beiden Vorprozesse ausreichend gewarnt gewesen.
Die Vertragsstrafe ist auch nicht zeitlich zu begrenzen oder in der Höhe herabzusetzen. Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass bei einer Vertragsstrafe eine zeitliche Grenze erreicht sein kann, jenseits derer sich das Verlangen nach einer Fortzahlung als treuwidrig erweisen würde. Doch kann dies im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, da der Eigentümer sehenden Auges die strafbewehrte vertragliche Pflicht zur Bebauung des Grundstücks übernommen hatte und er es noch immer in der Hand hat, eine weitere Vertragsstrafe durch eigenes Verhalten zu vermeiden.
Offenbar sind die bisher ausgeurteilten Vertragsstrafen allerdings nicht ausreichend gewesen, den Eigentümer zu einem vertragstreuen Verhalten anzuhalten. Angesichts der Plakate, die der Eigentümer auf dem Grundstück angebracht hat, ist von einem hartnäckigen Verweigerungsverhalten auszugehen, für das der Senat einen plausiblen, rational nachvollziehbaren Grund nicht erkennen kann.