27.06.2017

Baumkontrolle: Wie weit geht die Verkehrssicherungspflicht von Privatleuten?

Zwar kann von Gemeinden und Städten erwartet werden, dass sie die Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren lassen, ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegen. Für Privatleute sind die Anforderungen aber geringer.

OLG Oldenburg 11.5.2017, 12 U 7/17
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte ihr Auto unter einer Rotbuche an einer Wohnanlage geparkt. Als sie zum Auto zurückkam, war ein Ast heruntergefallen und hatte das Auto beschädigt. Der Sachschaden betrug rund 9.000 €. Das Geld wollte sich die Klägerin von der Hausverwaltung, die von den Eigentümern mit der Unterhaltung der Wohnanlage beauftragt worden war, erstatten lassen. Sie war nämlich der Ansicht, dass die Hausverwaltung den Baum nicht ausreichend untersucht und überwacht habe. Ein im Prozess eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Rinde an einer Astgabelung länglich verdickt war, was immer ein Anzeichen für eine mögliche Instabilität ist. Die Klägerin war der Auffassung, die Hausverwaltung hätte deswegen fachmännischen Rat einholen müssen.

Das LG wies die auf Schadensersatz gerichtete Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin bestätigte das OLG die erstinstanzliche Entscheidung. Die Klägerin hat ihre Berufung nach einem entsprechenden Hinweis des Senats zurückgenommen.

Die Gründe:
Die Klägerin kann keinen Schadensersatz geltend machen.

Zwar muss der Eigentümer eines Baumes grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgeht. Er muss die Bäume auf seinem Grundstück deshalb regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen sowie auf ihre Standfestigkeit untersuchen. Dies gilt insbesondere, wenn der Baum im Bereich von Verkehrsflächen steht und damit potenziell andere Personen gefährdet.

Zwar kann von Gemeinden und Städten erwartet werden, dass sie die Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren lassen, ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegen. Für Privatleute sind die Anforderungen aber geringer. Von diesen kann nur verlangt werden, dass sie nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine äußere Sichtprüfung durchführen. Es kann auch nur eine - gründliche - Sichtprüfung auf für einen Laien erkennbare Probleme verlangt werden, also etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall. Nur wenn danach Probleme erkannt werden, muss ein Baumfachmann hinzugezogen werden.

Im vorliegenden Fall war die Instabilität der Rotbuche jedoch nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen - nicht aber für einen Laien - erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung konnte daher kein Vorwurf gemacht werden. Infolgedessen muss die Klägerin ihren Schaden selbst tragen.

OLG Oldenburg PM vom 26.6.2017