24.05.2017

Beginn der Festsetzungsverjährung bei mittelbarer Schenkung

Bei einer mittelbaren Schenkung hat das FA erst dann Kenntnis von der vollzogenen Schenkung, wenn es alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen. Dazu gehört auch die Kenntnis von der Veräußerung des vom Schenker übertragenen Gegenstands.

Kurzbesprechung
BFH v. 8.3. 2017 - II R 2/15

AO § 169 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 170 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1

Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der BFH hat nun entschieden, dass in der Hingabe von Gesellschaftsanteilen die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem späte-ren Weiterverkauf der Gesellschaftsanteile liegen kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Erwerber der Anteile im Verhältnis zum Schenker nur über den Verkaufserlös, nicht aber über die Anteile frei verfügen darf, sondern sich insoweit den Verfügungen des Schenkers unterzuordnen hat.

Hinsichtlich des Ablaufs der Festsetzungsfrist, innerhalb derer die Schenkungsteuerfestsetzung erfolgen muss, ist zu beachten, dass nach § 170 Abs. 5 Nr. 2 AO für die Schenkungsteuer die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 oder 2 AO nicht vor Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Maßgeblich ist dabei die Alternative, die als erste eingetreten ist.

Positive Kenntnis i.S. des § 170 Abs. 5 Nr. 2  2. Alternative AO ist gegeben, wenn das für die Verwaltung der Schenkungsteuer zuständige Finanzamt nicht durch Anzeige gemäß § 30 ErbStG, sondern anderweitig in dem erforderlichen Umfang (Name und Anschrift des Schenkers und des Bedachten, Rechtsgrund des Erwerbs) Kenntnis erlangt hat. Die Kenntnis von Umständen, die nur zur Prüfung Anlass geben, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorliegt, genügt dagegen nicht.

Bei einer mittelbaren Schenkung, bei der der Bedachte nicht durch den zugewendeten Gegenstand (etwa Gesellschaftsanteile), sondern durch den Verkaufserlös bei späterer Veräußerung dieses Gegenstands bereichert ist, hat die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der vollzogenen Schenkung, wenn sie alle Umstände kennt, die die mittelbare Schenkung begründen. Dazu gehört nach Auffassung des BFH auch die Kenntnis von der Veräußerung des vom Schenker übertragenen Gegenstands. Für den Vollzug einer Schenkung ist auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG abzustellen. Danach entsteht die Steuer bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Im Falle einer mittelbaren Schenkung ist diese erst dann ausgeführt bzw. vollzogen, wenn die Vermögensverschiebung endgültig ist, also der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über den Gegenstand der freigebigen Zuwendung erhält und insoweit die endgültige Vermögensmehrung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers eintritt.

Verlag Dr. Otto Schmidt