Beginn der Gebäudeherstellung im Investitionszulagenrecht
Kurzbesprechung
InvZulG 2010 § 4 Abs. 2 Satz 5
HOAI 2009 § 3 Abs. 4 Nr. 8
Nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 InvZulG 2010 wird für die Anschaffung und die Herstellung neuer beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zu einem Erstinvestitionsvorhaben eines begünstigten Betriebs im Fördergebiet gehören, eine Investitionszulage gewährt, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind. In die Bemessungsgrundlage können auch Teilherstellungskosten einbezogen werden (§ 5 Satz 2 InvZulG 2010).
Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zulage für die Wirtschaftsgüter, die mit dem Erstinvestitionsvorhaben zusammenhingen, waren im Streitfall dem Grunde nach erfüllt. Streitig war lediglich die Höhe der Zulage.
Die Höhe der Zulage hängt u.a. davon ab, in welchem Jahr ein Investor mit dem Erstinvestitionsvorhaben begonnen hat. Lag der Beginn im Jahr 2011, so belief sich die Zulage für unbewegliche Wirtschaftsgüter auf 7,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 2010) und für bewegliche Wirtschaftsgüter auf 15 % (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 InvZulG 2010), sofern der Betrieb die KMU-Begriffsdefinition (Begriffsdefinition für kleinere und mittlere Unternehmen i.S. der Kommissionsempfehlung vom 6. 5. 2003) erfüllte.
Der Beginn eines Erstinvestitionsvorhabens, das sich aus mehreren Einzelinvestitionen zusammensetzt, ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 InvZulG 2010 der Zeitpunkt, zu dem mit der ersten hierzu gehörenden Einzelinvestition begonnen worden ist. Bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern ist dies der Zeitpunkt der Bestellung, bei der Herstellung der Zeitpunkt, zu dem mit seiner Herstellung begonnen worden ist (§ 4 Abs. 2 Satz 3 InvZulG 2010). Abweichend hiervon fingiert § 4 Abs. 2 Satz 5 InvZulG 2010 für den Fall der Gebäudeherstellung den Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages oder die Aufnahme von Bauarbeiten als Herstellungsbeginn.
Mit dieser Fiktion regelt das InvZulG 2010 den Beginn der Gebäudeherstellung abweichend von den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts, die im Allgemeinen bei der Auslegung von Begriffen des Investitionszulagenrechts heranzuziehen sind. Bereits unter Geltung des InvZulG 2007 wurde der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags als Beginn der Herstellung von Gebäuden fingiert (§ 3 Abs. 2 Satz 5 InvZulG 2007). Nach § 2 Abs. 4 Satz 4 InvZulG 2005 war dagegen bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben auf die Einreichung des Bauantrags abzustellen.
Die Gesetzesbegründung zum InvZulG 2007 lässt nach Auffassung des BFH vermuten, dass der Gesetzgeber Planungsarbeiten sowohl bei beweglichen als auch bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern noch nicht als Herstellungsbeginn ansehen wollte. Möglicherweise wollte der Gesetzgeber den zulagenrechtlichen Herstellungsbeginn bei Gebäuden auf einen Zeitpunkt nach Einreichung des Bauantrags bei der Genehmigungsbehörde zurückverlegen. Aus dem Gesetzeswortlaut geht dies jedoch nicht eindeutig hervor. Deshalb wird auch die Auffassung vertreten, dass die Fiktion des Beginns der Gebäudeherstellung nach dem InvZulG 2010 dazu geführt habe, dass der Investitionsbeginn in der Regel früher anzunehmen sei, da auch die Erstellung von Unterlagen für den Bauantrag der Ausführung des Bauvorhabens zuzuordnen sei.
Im Streitfall war durch den Vertrag vom 13.4. 2011, der nach seinem Inhalt die Grundleistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 i.S. des § 3 Abs. 4 HOAI 2009 umfasste, der Auftrag an das Architektur - und Ingenieurbüro nicht nur zur Erbringung von Planungsleistungen, sondern auch zur Bauüberwachung erteilt worden. Spätestens die Leistungsphase 8 (Objektüberwachung - Bauüberwachung oder Bauoberleitung) nach § 3 Abs. 4 Nr. 8 HOAI 2009 ist der Bauausführung zuzurechnen. Es handelt sich um eine Leistung, die ein Architekt in der Phase erbringt, in der auf einer Baustelle Bauarbeiten durchgeführt werden. Der Umstand, dass zu dem Zeitpunkt, als die die Bauüberwachung übertragen wurde, die zu überwachenden Bauarbeiten noch gar nicht vergeben waren, ändert hieran nichts.
Der BFH verwies den Streitfall an die Vorinstanz zurück, da aus den Feststellungen des FG nicht zu ersehen war, ob die Erhöhung des Zulagensatzes von 5 % auf 7,5 % (unbewegliche Wirtschaftsgüter) und von 10 % auf 15 % (bewegliche Wirtschaftsgüter) zu den Erhöhungsbeträgen führt, die die Klägerin in ihrem Klageantrag genannt hat.
Beraterhinweis: Der BFH brauchte nicht zu entscheiden, ob ein Vertrag, durch den ein Architekt mit der Planung eines zu errichtenden Gebäudes beauftragt wird, als ein der Ausführung zuzurechnender Leistungsvertrag i.S. von § 4 Abs. 2 Satz 5 InvZulG 2010 anzusehen ist. Insbesondere konnte er offen lassen, ob die Ausführungsplanung (§ 3 Abs. 4 Nr. 5 HOAI 2009) der Bauausführung zuzurechnen ist.
BFH, Urteil vom 13.12.2018, III R 22/17, veröffentlicht am 3.4.2019.