04.04.2014

Begrenzung der Schadensersatzpflicht des Grundstücksverkäufers bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten

Bei unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungskosten ist der Schadensersatzanspruch des Käufers eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Grundstücks beschränkt. Dabei kann als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

BGH 4.4.2014, V ZR 275/12
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte von den beiden Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 260.000 € gekauft. Nach der Übergabe stellte sie allerdings fest, dass das Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen war. Das LG erließ daraufhin ein Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind.

Im anschließenden Betragsverfahren wurden die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. rund 89.129 € sowie von 45.000 € als Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind rechtskräftig.

Nach der Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen verlangte die Klägerin von den Beklagten Ersatz eines weitergehenden Teilschadens i.H.v. 499.728 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 5.371 €. LG und KG gaben der Klage statt. Danach sei die Ersatzpflicht der Beklagten nicht begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, sei nicht vom Kaufpreis, sondern vom Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei (mindestens) 600.000 €, während die Zahlungen, zu denen die Beklagten bislang verurteilt wurden, sich auf insgesamt 639.230 € beliefen und damit nur ca. 6% über dem Verkehrswert lägen.

Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das KG zurück.

Die Gründe:
Zwar kann der Käufer vom Verkäufer grundsätzlich Ersatz der zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten verlangen. Sind diese Kosten jedoch unverhältnismäßig, ist zum Schutz des Verkäufers der Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache beschränkt.

Die Annahme der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung bzw. der dafür erforderlichen Kosten setzt insofern eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls voraus. Bei Grundstückskaufverträgen kann dabei als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200% des mangelbedingten Minderwerts übersteigen.

Aufgrund der Tatsache, dass hier der Zeitwert des Gesamtobjektes im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 € betrug und jener ohne Hausschwammbefall bei (mindestens) 600.000 € lag, kam eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten ernsthaft in Betracht. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts waren diesbezüglich jedoch nicht ausreichend.

Im weiteren Verfahren muss bei der Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten auf den Beginn der Mängelbeseitigung durch den Käufer abgestellt werden. Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass die Kosten höher als erwartet waren, steht dies einer Ersatzpflicht nur entgegen, wenn ein wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt hätte. Das Prognoserisiko trägt hierbei der Verkäufer. Infolgedessen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache - auch zur Behebung weiterer Rechtsfehler bei der Feststellung der grundsätzlich erstattungsfähigen Mängelbeseitigungskosten - zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 60 vom 4.4.2014
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