Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten
KurzbesprechungEStG § 13 Abs. 7, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
BGB § 99 Abs. 1, § 705, § 706, § 953, § 956
Die Steuerpflichtigen sind Ehegatten. In den Streitjahren 2007 bis 2010 befanden sich im Alleineigentum des Ehemannes landwirtschaftliche Flächen mit einer Größe von 51,1923 ha und im Alleineigentum der Ehefrau forstwirtschaftliche Flächen von 17,8484 ha. Im Miteigentum der Eheleute befanden sich Grundstücke mit einer Größe von insgesamt 14,0407 ha. Hiervon wurden 10,1162 ha landwirtschaftlich und 3,9245 ha forstwirtschaftlich genutzt. Die dem Ehemann zuzurechnende Hof‑ und Gebäudefläche betrug 1,9289 ha. Außerdem hatte er mehrere ha landwirtschaftliche Flächen zugepachtet.
Die Steuerpflichtigen erklärten für die Streitjahre jeweils Einkünfte aus Land‑ und Forstwirtschaft als Einzelunternehmer. Demgegenüber ging das FA davon aus, dass die Steuerpflichtigen gemeinsam einen Betrieb der Land‑ und Forstwirtschaft in Vollzeit bewirtschaftet hätten, da zwischen ihnen eine konkludente Mitunternehmerschaft bestanden habe.
Im Revisionsverfahren hob der BFH die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Streitfall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung an das FG zurück.
Zwar genügt für die Annahme einer Mitunternehmerschaft auch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis, d.h. eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft reicht aus. Eine solche kann allerdings nur dann angenommen werden, wenn sich der Verpflichtungswille der Beteiligten zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (§ 705 BGB) feststellen lässt. Auch Ehegatten können Mitunternehmer eines Betriebs sein, wenn zwischen ihnen ein Gesellschaftsvertrag - etwa durch schlüssiges Verhalten - zustande gekommen ist.
Landwirtsehegatten sind auch dann Mitunternehmer, wenn der selbst bewirtschaftete land‑ und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten. Das gilt auch dann, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt. In solchen Fällen ist von einem durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag auszugehen.
Dies beruht auf der besonderen Funktion des Grund und Bodens für die Land‑ und Forstwirtschaft. Denn der Eigentümer eines land‑ bzw. forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks erhält nicht nur die Gebrauchsvorteile des Grundstücks, sondern er wird auch Eigentümer der erzeugten und weiter zu verwertenden Früchte i.S. von § 99 Abs. 1 BGB, falls er nicht einem anderen die Aneignung gestattet hat (§§ 953, 956 BGB). Deshalb betätigt sich der Eigentümer als land‑ und forstwirtschaftlicher Unternehmer, wenn er ein land‑ bzw. forstwirtschaftliches Grundstück selbst bewirtschaftet oder für sich bewirtschaften lässt, das nach Größe und Bonität nachhaltige Erträge abwerfen kann, so dass es eine Einnahmequelle von Gewicht sein kann. Die gemeinsame Fruchtziehung aus dem selbst bewirtschafteten land‑ und forstwirtschaftlichen Grundbesitz vermittelt den Landwirtsehegatten dabei die für das Bestehen einer Mitunternehmerschaft nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko.
Der Anteil des selbst bewirtschafteten land‑ und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, den jeder Ehegatte zur Verfügung gestellt hat, ist in der Regel aber nicht erheblich und daher zur Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft bei Landwirtsehegatten nicht geeignet, wenn er weniger als 10 % der insgesamt land‑ und forstwirtschaftlich genutzten Eigentums‑ und Pachtflächen beträgt, Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Ehegatten das Fruchtziehungsrecht an den zur Verfügung gestellten Grundstücken als Alleineigentümer, als Miteigentümer oder als Pächter zusteht.
Für die Annahme einer konkludent begründeten Mitunternehmerschaft von Ehegatten reicht es nicht aus, wenn
der eine Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehenden land‑ und forstwirtschaftlichen Flächen zur Bewirtschaftung überlässt, während der andere nur seine Arbeitskraft und Kapitalbeiträge einbringt;
der andere Ehegatte das für eine Bewirtschaftung des Hofes erforderliche Inventar, die ihm zu Eigentum übertragene Hofstelle oder sonstige Grundstücke, bei denen die Besonderheiten der Nutzung land‑ und forstwirtschaftlicher Grundstücke nicht gegeben sind, zur Verfügung stellt oder
jeder Ehegatte einen eigenen land‑ und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält.
Denn eine konkludent begründete Mitunternehmerschaft liegt nur dann vor, wenn die Ehegatten die Grundstücke - ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag - gemeinsam in einem Betrieb bewirtschaften, so dass von einer gemeinsamen Zweckverfolgung ausgegangen werden kann.
Der BFH stellte klar, dass es gibt keinen Grund gibt, eine konkludente Mitunternehmerschaft nur bei rein landwirtschaftlichen Betrieben anzunehmen. Eine konkludente Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten kann z.B. auch bestehen, wenn sie ausschließlich Forstwirtschaft betreibt oder eine Landwirtschaft mit einem forstwirtschaftlichen Teilbetrieb unterhält. Jedoch ist eine konkludente Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten ausgeschlossen, wenn jeder Ehegatte einen eigenen land‑ und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhält. Das FG hätte daher prüfen müssen, ob die forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke der Ehefrau einen eigenen Betrieb darstellten.
BFH, Urteil vom 16.5.2018, VI R 45/16, veröffentlicht am 26.9.2018.