Bei gerichtlich angeordneten Untersuchungen durch psychologische Sachverständige können Begleitpersonen erlaubt sein
OLG Hamm 3.2.2015, 14 UF 135/14Der am Verfahren beteiligte Kindesvater hatte eine Umgangsregelung mit seinen 2001 und 2004 geborenen minderjährigen Kindern angestrebt. Der Senat ordnete deshalb eine psychologische Begutachtung an. Die gerichtlich bestellte Sachverständige bestellte den Kindesvater daraufhin zum Explorationsgespräch ein. Sie war bereits im erstinstanzlichen Verfahren tätig. Dabei wurde sie vom Kindesvater erfolglos wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, wobei der Kindesvater eine von ihm behauptete unsachliche Äußerung der Sachverständigen nicht beweisen konnte.
Der Kindesvater wollte das Explorationsgespräch nur wahrnehmen, wenn ihm das Mitbringen einer Begleitperson gestattet oder Tonaufzeichnungen des Gespräches vorgenommen würden. Das wollte wiederum die Sachverständige nicht. Der Kindesvater lehnte die Sachverständige deswegen erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Er beantragte hilfsweise ihre Ablösung durch einen anderen Sachverständigen.
Das Ablehnungsgesuch sowie der Hilfsantrag auf Entpflichtung der Sachverständigen blieben vor dem OLG erfolglos. Der Senat wies jedoch die Sachverständige an, die Anwesenheit einer sich an den Gesprächen nicht beteiligenden Begleitperson in angemessener Hörweite zu gestatten. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Die Gründe:
Das Ablehnungsgesuch ist gem. § 406 ZPO i.V.m. §§ 30 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1 FamFG zulässig, in der Sache aber nicht gerechtfertigt. Gründe, die geeignet waren, objektiv oder bei einer vernünftigen Betrachtung aus Beteiligtensicht Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Sachverständigen zu rechtfertigen, lagen nicht vor.
Die beanstandete Verfahrensweise der Sachverständigen gab keinen Grund, an ihrer Unparteilichkeit zu zweifeln. Sie war nachvollziehbar begründet und verstieß nicht gegen eine eindeutige Rechtslage. Eine gefestigte oder höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, dass ein psychologisch oder auch medizinisch zu Begutachtender eine Begleitung durch einen Beistand oder eine Tonaufzeichnung beanspruchen kann, gibt es bislang nicht.
Die Zulassung einer vom Kindesvater mitgebrachten, sich an den Gesprächen nicht beteiligenden Begleitperson in angemessener Hörweite ist rechtens, denn andernfalls hat ein zu Begutachtender keine Möglichkeit, gegenüber abstrakt immer denkbaren Wahrnehmungsfehlern des Sachverständigen effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Behauptet er nach dem Vorliegen des schriftlichen Gutachtens ein in diesem in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend dargestelltes Explorationsgespräch, wird sich der Sachverständige in der Regel auf die Richtigkeit seiner Aufzeichnungen berufen. Wenn dann nicht ausnahmsweise objektive Umstände deren Unrichtigkeit belegen können, hat der Beteiligte ohne das Hinzuziehen einer später als Zeuge zur Verfügung stehenden Begleitperson keine Möglichkeit, die von ihm behauptete Unrichtigkeit zu beweisen.
Gegenüber diesem wesentlichen Verfahrensgesichtspunkt muss die Besorgnis einer etwaigen Beeinflussung des Untersuchungsgangs durch die bloße Anwesenheit einer Begleitperson hingenommen werden. Eine etwaige Beeinflussung kann der gerichtliche Sachverständige zudem in seinem Gutachten thematisieren, so dass das Gericht diesen Umstand bei seiner Entscheidung würdigen kann.
Der Begleitperson ist allerdings eine Beteiligung am Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen verboten. Andernfalls wäre eine Störung oder Beeinflussung der medizinischen oder psychologischen Begutachtung zu befürchten. Die Rechte des zu Begutachtenden werden durch die Möglichkeit einer nachträglichen Stellungnahme gewahrt. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass auch mit einer zwischen der Sachverständigen und dem Kindesvater vereinbarten Tonaufzeichnung der Weisung des Senats genüge getan wird.
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