30.01.2012

Bei vereinbartem Objektprinzip besitzt auch der Teileigentümer eine Stimme in der Eigentümerversammlung

Ist ein einer Gemeinschaftsordnung das Objektprinzip vereinbart, besitzt auch der Teileigentümer eine Stimme in der Eigentümerversammlung. Regelt die Gemeinschaftsordnung, "dass ein Wohnungseigentümer, der mehrere Wohnungen besitzt, für jede Wohnung eine Stimme hat", wird damit das Kopfprinzip abbedungen und durch das Objektprinzip ersetzt.

AG Wiesbaden 13.1.2012, 92 C 4523/11
Der Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Liegenschaft besteht aus 14 Wohnungseigentumseinheiten und 8 Teileigentumseinheiten. Der Kläger ist Eigentümer des Sondereigentums an der Wohnung Nr. 2.5 und einer Teileigentumseinheit.

Das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung ist in § 17 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung wie folgt geregelt: "In der Wohnungseigentümerversammlung hat grundsätzlich jeder Wohnungseigentümer eine Stimme. Er kann sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertreter vertreten lassen. Ist ein Wohnungseigentümer Eigentümer mehrerer Wohnungen, so hat er für jede Wohnung eine Stimme. Der Bevollmächtigte kann auch ein anderer Miteigentümer sein. Die Übertragung des Stimmrechts an einen Bevollmächtigten ist zulässig."

Am 28.6.2011 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der u.a. die Stimmrechtsproblematik erörtert wurde. Die Verwaltung erklärte auf Anfrage, das Stimmrecht werde so praktiziert, dass die 14 Wohnungen je 1 Stimme hätten, Hobbyräume dagegen keine. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass ihm als Teileigentümer ebenfalls ein Stimmrecht zusteht. Er ist der Auffassung, in der Gemeinschaftsordnung sei das Objektprinzip festgelegt.

Das AG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Der Kläger besitzt als Teileigentümer eine Stimme in der Eigentümerversammlung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in der Gemeinschaftsordnung das in § 25 Abs. 2 WEG normierte Kopfprinzip abbedungen und durch das Objektprinzip ersetzt worden. Den Beklagten ist zunächst zuzugeben, dass Satz 1 von § 17 Abs. 2 der Gemeinschaftsordnung, nach dem jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich eine Stimme in der Eigentümerversammlung hat, so verstanden werden könnte, dass die Gemeinschaftsordnung schlicht den Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 2 WEG wiederholt. Die Regelung in der Gemeinschaftsordnung belässt es jedoch hierbei nicht, sondern bestimmt in Satz 3, dass ein Wohnungseigentümer, der mehrere Wohnungen besitzt, für jede Wohnung eine Stimme hat. Mit dieser Regelung ist das Kopfprinzip abbedungen durch das Objektprinzip ersetzt worden.

Dies führt dazu, dass der Kläger nicht nur für sein Wohnungseigentum, sondern auch für sein Teileigentum jeweils eine Stimme in der Wohnungseigentümerversammlung besitzt. Einziger Unterschied zwischen Wohnungseigentum und Teileigentum ist die bauliche Eignung und Zweckbestimmung des Sondereigentums. Da Wohnungs- und Teileigentum keine unterschiedliche Rechtsqualität zukommt, bestimmt § 1 Abs. 6 WEG, dass die Vorschriften über das Wohnungseigentum für das Teileigentum entsprechend gelten. Wird daher in einer Teilungserklärung nur der Begriff Wohnungseigentümer verwendet, umfasst dieser nicht lediglich die Wohnungseigentümer, sondern auch die Teileigentümer. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten, in dem die Gemeinschaftsordnung regelt, dass jede Wohnung eine Stimme besitzt.

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