Bescheidkorrektur aufgrund neuer Erkenntnisse aus einem Benennungsverlangen
KurzbesprechungAO § 88 Abs. 1 Satz 1, § 143, § 160 Abs. 1, § 162 Abs. 1, Abs. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 4 Abs. 4
Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwir-kungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das Gleiche gilt u.a. dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO).
Bei der Prüfung, ob und in welchem Umfang ein zu Betriebsausgaben führender Wareneinkauf durch den Steuerpflichtigen stattgefunden hat, können sämtliche Erkenntnisse aus einer Betriebsprüfung einschließlich eines Benennungsverlangens nach § 160 AO verwertet werden. Denn die Berücksichtigung des in einer Betriebsprüfung gewonnenen Wissens beruht nicht auf § 160 AO und ist unabhängig von den Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieser Vorschrift möglich und geboten. Es handelt sich vielmehr um Sachverhaltsermittlungen, die bereits durch § 88 Abs. 1 Satz 1 AO gerechtfertigt sind (§ 160 Abs. 1 Satz 2 AO).
Die Ergebnisse solcher Ermittlungen können im Rahmen des Festsetzungsverfahrens auch nach Bestandskraft eines Bescheids verarbeitet werden, wenn und soweit dies durch die entsprechenden Änderungsvorschriften gedeckt ist. Allein der Umstand, dass die entsprechenden Nachfragen ihrerseits auch als Benennungsverlangen nach § 160 AO qualifiziert werden können, ändert hieran nichts.
Soll eine Änderung zu Ungunsten des Steuerpflichtigen durchgeführt werden, muss sich diese im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO halten. Eine darüberhinausgehende Kürzung des Betriebsausgabenabzugs wegen der fehlenden Benennung des Empfängers der zu berücksichtigenden Zahlungen nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist dagegen innerhalb des Korrekturrahmens des § 173 Abs. 1 Nr.1 AO ausgeschlossen.
Entsprechend erfüllt auch ein Benennungsverlangen des FA oder die hierauf verweigerte Auskunft des Steuerpflichtigen auch nicht die Voraussetzungen für Bescheidänderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Denn ein rückwirkendes Ereignis liegt nur vor, wenn der nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhalt sich später anders gestaltet und sich steuerlich in der Weise in die Vergangenheit auswirkt, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Dagegen genügt eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts insoweit nicht. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, also bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, ist den Normen des materiellen Steuerrechts zu entnehmen.