05.10.2015

Beschwer nach dem Nennwert - Wenn sich Wohnungseigentümer gegen den Ansatz einer Kostenposition in der Jahresabrechnung wenden

In Fällen, in denen sich ein Wohnungseigentümer mit der Beschlussanfechtungsklage erfolglos gegen den Ansatz einer Kostenposition in der Jahresabrechnung wendet, bestimmt sich seine Beschwer nach dem Nennwert, mit dem diese Position in seiner Einzelabrechnung angesetzt ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Berufungskläger seine Beanstandung von vornherein inhaltlich beschränkt.

BGH 9.7.2015, V ZB 198/14
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf einer Versammlung im April 2012 hatten die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung für das Geschäftsjahr 2011 beschlossen. Später hat die Klägerin den Beschluss angefochten. Sie war der Ansicht, in ihrer Einzelabrechnung sei zu Unrecht ein Betrag von 1.404 € für "Heizungskosten" angesetzt worden; die Wohnung habe im gesamten Wirtschaftsjahr leer gestanden. Unter dieser Postenbezeichnung übernimmt die Jahresabrechnung die Ergebnisse der Heizkostenabrechnung, die außer den Heizkosten noch Kaltwasserkosten, Kosten für gesonderte Verteilung und Kosten der Nach-/Zwischenablesung umfasst.

Im darauf folgenden Gerichtsverfahren schlug das AG nach Einholung eines Sachverständigengutachtens vor, sich darauf zu einigen, "hinsichtlich der Heizkosten für die Wohnung der Klägerin als Abrechnungskosten 750 € einzustellen" und den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Beide Parteien erklärten ihr Einverständnis mit dem Vorschlag, die Beklagten allerdings mit dem Zusatz, dass neben dem Betrag von 750 € noch die übrigen Positionen aus der Heizkostenabrechnung anzusetzen seien, insgesamt 1.094 €. Das AG stellte das Zustandekommen des Vergleichs mit dem von ihm vorgeschlagenen Inhalt durch Beschluss fest.

Die Klägerin beantragte daraufhin sinngemäß, durch Zwischenurteil festzustellen, dass der Rechtsstreit (durch den Vergleich) nicht beendet sei, hilfsweise, dass in der Abrechnung unter der Postenbezeichnung "Heizungskosten" nur der Betrag von 750 € anzusetzen sei. Das AG stellte auf entsprechenden Hilfsantrag der Beklagten fest, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich beendet wurde. Die Berufung der Klägerin verwarf das LG als unzulässig verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin hob der BGH den Beschluss auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Gründe:
Die Berufung durfte nicht als unzulässig verworfen werden, da die Beschwer der Klägerin über dem Betrag von 600 € lag.

Maßgeblich für den Wert des Beschwerdegegenstandes ist das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils; dieses ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Dabei ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren allein auf die Position des Rechtsmittelführers, seine Beschwer und sein Änderungsinteresse abzustellen (BGH-Beschl. v. 19.6.2013, Az.: V ZB 182/12). Entscheidend ist der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung. Ohne Bedeutung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels oder eines nach dem Scheitern eines Prozessvergleichs fortzusetzenden Rechtsstreits. Letzteres hatte das Berufungsgericht verkannt.

Noch zutreffend hatte das LG für die Bemessung des Interesses der Klägerin an der Abänderung des Zwischenurteils auf deren mit der Beschlussanfechtungsklage verfolgtes wirtschaftliches Einzelinteresse abgestellt. Gegenstand des Zwischenurteils war zwar nicht die ursprüngliche Beschlussanfechtungsklage, sondern die Frage, ob der Rechtsstreit darüber durch den vom AG festgestellten Prozessvergleich beendet worden war. Die Beschwer bestimmt sich in einer solchen Fallgestaltung nicht nach dem Wert des Feststellungsantrags, sondern nach dem Interesse des Berufungsklägers an der Unwirksamkeit des Vergleichs. Dieses entsprach hier aber inhaltlich dem mit der Anfechtungsklage ursprünglich verfolgten wirtschaftlichen Eigeninteresse der Klägerin, nach dem sich auch die Beschwer des Anfechtungsklägers durch die Abweisung der Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Wohnungseigentümer richtete.

Das wirtschaftliche Eigeninteresse des Berufungsklägers entsprach zwar nicht dem Streitwert des Anfechtungsklageverfahrens, der sich nach dem Gesamtinteresse des Berufungsklägers selbst und der verklagten übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bestimmte. Maßgeblich war vielmehr der Anteil des Berufungsklägers an dem Gesamtergebnis. Der richtete sich aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nach dem Nennbetrag, mit dem die angefochtene Kostenposition in der Einzelabrechnung des Berufungsklägers angesetzt war. Etwas anderes gilt nur, wenn der Berufungskläger seine Beanstandung von vornherein inhaltlich beschränkt, etwa nur auf den angesetzten Kostenverteilungsmaßstab. Wendet er sich aber ohne Einschränkungen gegen den Ansatz einer Kostenposition in seiner Einzelabrechnung, bestimmt deren Nennbetrag seine Beschwer. Ob er damit in der Sache durchdringt, ist für die Bemessung seiner Beschwer unerheblich. So lag der Fall auch hier.

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