Bestellung eines Notarvertreters für einen Tag kann an Gründe für die Notwendigkeit geknüpft werden
BGH 24.11.2014, NotZ (Brfg) 4/14Der Kläger ist Rechtsanwalt und Notar in Frankfurt a.M. In den Jahren 2006 bis 2011 hatte die beklagte Dienstaufsicht jeweils auf Antrag des Klägers hin, den in der Anwaltssozietät des Klägers tätigen Rechtsanwalt D. mehrfach für einen Tag zu dessen Vertreter gem. § 39 Abs. 2 S. 2 BNotO bestellt. Aufgrund eines aufgetretenen Falls des Missbrauchs von tageweisen Vertretungen eines Notars änderte die Beklagte jedoch ab Mitte Dezember 2011 ihre Verwaltungspraxis. Für einen Tag der Abwesenheit oder Verhinderung eines Notars wird seitdem ein Vertreter grundsätzlich nicht bestellt, soweit ein entsprechender Antrag nicht gesondert begründet wird.
Der Kläger hatte daraufhin bei der Beklagten beantragt, Rechtsanwalt D. als Notarvertreter für den 22.3.2013 zu bestellen. Als Abwesenheitsgrund gab er zunächst Urlaub an. Die Vertretung sei notwendig, weil eine Urkundspartei kurzfristig um einen Termin zur Protokollierung einer Grundschuld gebeten habe. Die Beklagte wies noch am selben Tag auf die geschilderte neue Verwaltungspraxis hin und gab dem Kläger zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme. Am Folgetag führte der Kläger schriftlich aus, er habe versucht, keine Beurkundungen auf den 22.3.2013 zu legen. Es bestehe jedoch ein dringendes Bedürfnis. Als Grund für seine eigene Abwesenheit führte er nunmehr eine auswärtige Tagungsteilnahme an.
Die Beklagte wies den Antrag ab. Das OLG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der BGH wies den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.
Gründe:
Der Zulassungsgrund aus § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (i.V.m. § 111d S. 2 BNotO) lag nicht vor, da eine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestanden.
Nach der ständigen Rechtsprechung entscheidet die Aufsichtsbehörde über den Antrag eines Notars, ihm für die Zeit seiner Abwesenheit oder Verhinderung einen Vertreter zu bestellen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Richtschnur für die Ausübung des Ermessens der Aufsichtsbehörde sind dabei die Erfordernisse einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege. Daraus folgt jedoch nicht, dass die zuständige Justizverwaltung dafür zu sorgen hätte, dass die Rechtsuchenden alle Dienste eines bestimmten Notars jederzeit in Anspruch nehmen können. Bei ihrer Entscheidung kann die Aufsichtsbehörde davon ausgehen, dass es einer geordneten Rechtspflege regelmäßig nicht zuwiderläuft, wenn ein Notariat bei zeitweiliger Verhinderung des Notars den Rechtsuchenden nicht uneingeschränkt zu Gebote steht, solange ihren Belangen in angemessener Weise und Zeit Rechnung getragen wird.
Dass der Beklagte seit Ende 2011 die Bestellung eines Notarvertreters lediglich für einen Tag an die Darlegung der Gründe für die Notwendigkeit der Vertretung geknüpft hatte, war angesichts des bekannt gewordenen Missbrauchs nicht zu beanstanden und griff nicht in die Autonomie des Notars bei der Organisation seiner Amtstätigkeit ein. Es entspricht der BGH-Rechtsprechung, dass die Aufsichtsbehörde bei der Ausübung ihres Entschließungsermessens im Rahmen der Beurteilung der Anforderungen einer geordneten vorsorgenden Rechtspflege einerseits und der Interessen des Notars andererseits nach den Gründen für die Verhinderung oder Abwesenheit differenziert. Da die Gründe regelmäßig allein aus der Sphäre des Notars stammen, kann die Aufsichtsbehörde ihrer Amtsaufklärungspflicht nur dann nachkommen, wenn der beantragende Notar sich zu den Gründen verhält. Infolgedessen war es vom OLG zutreffend nicht als ermessenfehlerhaft beanstandet worden, dass die Beklagte die Auswechselung des Verhinderungsgrundes seitens des Klägers berücksichtigt hatte.
Schließlich lag der Zulassungsgrund auch nicht insoweit vor, als das OLG in Übereinstimmung mit der Beklagten zureichende konkrete Darlegungen des Klägers dazu vermisst hatte, warum eine Beurkundung der Grundschuldbestellung nicht bereits am 21.3.2013 - bei Anwesenheit des Klägers und Fertigung eines längeren Schriftsatzes in dieser Angelegenheit - möglich gewesen wäre. Denn es ist Sache des Anwaltsnotars seine anwaltliche Tätigkeit so zu organisieren, dass er das Amt des Notars ausüben kann. Weder aus dem Grund der Abwesenheit noch aus dem Typus des zu beurkundenden Geschäfts ließ sich auf der Grundlage der allein dem Kläger bekannten Umstände für die Beklagte erkennen, ob ein Bedürfnis für eine lediglich eintägige Bestellung eines Notarvertreters bestand. Die Beklagte hatte damit das ihr zustehende Ermessen auch insoweit gesehen und ausgeübt.
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