Betreiber einer Autowaschanlage muss nicht jede denkbare Gefährdung kennen
LG München I 12.6.2017, 31 S 2137/17Die Klägerin ist Eigentümerin eines Pkw Audi Q 5. Dieser war in der Waschanlage des Beklagten beschädigt worden. Die Reparaturkosten betrugen gut 1037 €. Diesen Betrag verlangte die Klägerin vom Beklagten erstattet. Doch dieser weigerte sich. Er war der Ansicht, dass er zum Ersatz des entstandenen Schadens nicht verpflichtet sei, da es seinerseits schon an einer Pflichtverletzung fehle, jedenfalls aber ein Vertretenmüssen und Verschulden zu verneinen sei, da er alles Erforderliche getan habe, was von einem sorgfaltsgemäß handelnden Waschanlagenbetreiber im Verkehr zu erwarten gewesen sei, um Schäden an den Fahrzeugen zu verhindern.
Das AG gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten hob das LG die Entscheidung auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten konnte weder aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht, noch aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung vertraglicher Pflichten begründet werden. Ein Schadensersatzanspruch ergab sich zudem nicht aus §§ 631, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB.
Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn eine Waschanlage sozusagen das gültige Regelwerk erfüllt, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind. Solche waren vorliegend aber nicht gegeben. Gegen den Betreiber einer Autowaschanlage kann der Vorwurf der Fahrlässigkeit nur dann erhoben werden, wenn er nicht das beachtet hat, was der Verkehr von ihm berechtigterweise erwarten kann. Der Rechtsverkehr kann aber im Normalfall nicht mehr erwarten, als dass der Betreiber einer risikobehafteten Anlage die dafür maßgeblichen allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet und diejenigen Sicherheitsvorkehrungen trifft, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind.
Zwar ist eine deutliche Warnung erforderlich, wenn eine Autowaschanlage konstruktionsbedingt für bestimmte serienmäßig ausgerüstete Pkw nicht geeignet ist. Ein Waschanlagenbetreiber hat aber nicht die Pflicht, über jede auch nur theoretisch denkbare Gefährdung aus der Wechselwirkung von Fahrzeug und Waschanlagentechnik aufzuklären. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein solches schädigendes Zusammenwirken von Fahrzeugbeschaffenheit und Waschanlage vorliegt, das so atypisch ist, dass eine Aufklärung darüber auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung und nach Treu und Glauben nicht erwartet werden kann. Ihm ist nicht zumutbar, von jedem existierenden Fahrzeugtyp Kenntnis darüber zu erlangen, welche Bauteile den Einwirkungen einer den technischen Vorgaben entsprechenden Waschanlage möglicherweise doch nicht standhalten könnten.
Auch ein deliktischer Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB schied vorliegend jedenfalls ebenfalls mangels Verschuldens des Beklagten aus, wobei sich dies mit der Frage der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht überschnitt. So fehlte es auch an einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, die der Betreiber einer Autowaschanlage grundsätzlich dadurch genügt, dass die von ihm betriebene Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.
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