05.06.2018

Betrieb gewerblicher Art durch Beteiligung an Personengesellschaft

Die Beteiligung einer Stadt an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein Betrieb gewerblicher Art.

Kurzbesprechung
BFH v. 29.11.2017 - I R 83/15

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs.  Satz 1
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 Satz 1

Betriebe gewerblicher Art (BgA) sind nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG --mit Ausnahme der Hoheitsbetriebe (vgl. § 4 Abs. 5 KStG)-- alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein Betrieb gewerblicher Art begründet. Dies beruht auf der Vorstellung, dass die aus der Beteiligung bezogenen Gewinnanteile Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb darstellen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und dass die einzelnen Mitunternehmer --entsprechend dem ertragsteuerrechtlichen Grundsatz der transparenten Behandlung der Mitunternehmerschaften-- selbst als Gewerbetreibende und Steuersubjekte behandelt werden. Mit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb werden somit regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllt, insbesondere ist auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung überschritten.

Im zur Entscheidung anstehenden Streitfall war jedoch unklar, ob die KG, an der sich die Stadt beteiligt hatte, im Streitjahr i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG gewerblich tätig gewesen ist. Nach den Feststellungen des FG war die KG lediglich an mehreren Kapitalgesellschaften beteiligt. Das Halten von Kapitalgesellschaftsanteilen ist jedoch grundsätzlich keine wirtschaftliche Betätigung, sondern ist dem Bereich der Vermögensverwaltung zuzuordnen.

Eine andere Beurteilung kann allerdings in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt (sog. geschäftsleitende Holding) oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt. Allein das Streben nach Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaften reicht jedoch nicht aus.

Ob die KG außer dem Halten der Kapitalgesellschaftsbeteiligungen noch andere --eigenbetriebliche-- Aktivitäten entfaltet hat, die als gewerblich eingestuft werden könnten, hatte das FG nicht festgestellt. Der Streitfall wurde daher zur weiteren Sachverhaltsfeststellung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Die Beteiligung an der KG konnte auch nicht unabhängig von einer tatsächlichen wirtschaftlichen Betätigung dieser Gesellschaft deshalb als BgA i.S. des § 4 KStG angesehen werden, weil die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KG eine AG ist. Denn die Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr.2 Satz 1 EStG, der zufolge die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine originär gewerbliche Betätigung ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft), in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, ist im Rahmen des § 4 KStG nicht anwendbar. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG enthält vielmehr eine eigenständige, von den einkommensteuerrechtlichen Begriffen des Gewerbebetriebs und gewerblicher Einkünfte unabhängige und ausschließlich tätigkeitsbezogene Definition des Betriebs gewerblicher Art. Die Fiktion gewerblicher Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG wird durch § 4 Abs. 1 KStG nicht aufgegriffen.

Auch der Zweck des § 4 KStG gebietet keine Besteuerung der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch die Beteiligung an einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen, gewerblich geprägten Personengesellschaft erzielten Einkünfte. Die Besteuerung der BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts soll in erster Linie Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der privaten Wirtschaft verhindern, die entstehen würden, wenn sich die öffentliche Hand außerhalb ihrer hoheitlichen Tätigkeit wirtschaftlich betätigen könnte, ohne besteuert zu werden. Den vermögensverwaltenden Tätigkeiten misst der Gesetzgeber demgegenüber offenkundig keine Bedeutung im Hinblick auf die Wettbewerbsneutralität zu. Soweit aus Gründen der Gleichbehandlung mit der Privatwirtschaft eine Besteuerung der öffentlichen Hand auch im Hinblick auf die Beteiligung an lediglich gewerblich geprägten Personengesellschaften für geboten erachtet wird, sieht der BFH hierfür mangels wettbewerblicher Relevanz der Vermögensverwaltung keinen hinreichenden Grund.

Eine wirtschaftliche Betätigung der KG kann sich auch nicht allein daraus ergeben, dass diese mit den drei gewerblich tätigen Beteiligungsgesellschaften Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, um im Rahmen von körperschaftsteuerrechtlichen Organschaften gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG die Zurechnung der Einkommen zu erreichen. Das ergibt sich schon daraus, dass ein Organschaftsverhältnis mit einer Personengesellschaft als Organträgerin gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG voraussetzt, dass die Personengesellschaft ihrerseits eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 EStG ausübt, d.h. originär gewerblich tätig ist. Fehlt es an dieser Voraussetzung, treten die Rechtsfolgen einer Organschaft nicht ein.

BFH, Urteil vom 29.11.2017, I R 83/15, veröffentlicht am 4.6.2018

Verlag Dr. Otto Schmidt