18.11.2014

Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" setzt allein Fälle mit Bezug zum Straßenverkehr voraus

Beantragt ein Rechtsanwalt die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht", so können für den Nachweis der praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Verkehrsrechts nur solche versicherungsrechtlichen Fälle herangezogen werden, die einen Bezug zum Straßenverkehr aufweisen. Nur dieses Ergebnis entspricht den Erwartungen des rechtsuchenden Publikums, für das die Fachanwaltsbezeichnungen maßgeblich bestimmt sind.

BGH 27.10.2014, AnwZ (Brfg) 85/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht zugelassen. Er hatte im August 2012 beantragt, ihm außerdem die Führung der Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" zu gestatten. Dem Antrag waren Falllisten beigefügt, die 178 außergerichtliche Verfahren und 75 gerichtliche Verfahren enthielten. Der eigenen Darstellung des Klägers nach stammten insgesamt 152 Verfahren (118 außergerichtliche Verfahren, 34 gerichtliche Verfahren) aus den Gebieten des Verkehrszivilrechts, des Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts. Bei den übrigen Verfahren handelte es sich um versicherungsrechtliche Verfahren ohne Bezug zum Straßenverkehr.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da der Kläger die erforderlichen 60 gerichtlichen Verfahren auf dem Gebiet des Verkehrsrechts nicht nachgewiesen habe. Der Kläger war hingegen der Ansicht, die versicherungsrechtlichen Verfahren seien als solche berücksichtigungsfähig, unabhängig davon, ob sie einen Bezug zum Straßenverkehr aufwiesen oder nicht. Der AGH wies die Klage auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten ab. Auch die Berufung des Klägers vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Die Voraussetzungen, unter denen einem Rechtsanwalt gestattet wird, die Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" zu führen, waren nicht vollständig erfüllt, da versicherungsrechtliche Fälle, die keinen Bezug zum Straßenverkehr aufweisen, nicht unter § 14d Nr. 2 FAO fallen.

Nach § 5 Abs. 1 lit. k FAO in der gem. § 16 Abs. 1 S. 1 FAO für den Antrag des Klägers maßgeblichen, seither unverändert gebliebenen Fassung aus Juli 2011 setzt der Erwerb der für die Bezeichnung "Fachanwalt für Verkehrsrecht" nachzuweisenden besonderen praktischen Erfahrungen voraus, dass der Rechtsanwalt innerhalb der letzten drei Jahren vor der Antragstellung persönlich und weisungsfrei 160 Fälle bearbeitet hat, davon mindestens 60 gerichtliche Verfahren. Die Fälle müssen sich auf mindestens drei verschiedene Bereiche des § 14d Nr. 1 bis 4 FAO beziehen; auf jeden der drei Bereiche müssen mindestens fünf Fälle entfallen. Einer dieser Bereiche wird mit den Worten "Versicherungsrecht, insbesondere das Recht der Kraftfahrtversicherung, der Kaskoversicherung sowie Grundzüge der Personenversicherung" umschrieben.

Entgegen der Ansicht des Klägers entspricht der in § 14d Nr. 2 FAO verwandte Begriff des Versicherungsrechts nicht demjenigen des § 14a FAO. Die Vorschrift des § 14a FAO enthält keine auch für § 14d Nr. 2 FAO verbindliche Legaldefinition des Begriffs "Versicherungsrecht". § 14a FAO beschreibt in insgesamt neun Unterpunkten diejenigen Rechtsgebiete, in denen für das Fachgebiet Versicherungsrecht besondere Kenntnisse nachzuweisen sind. Wenn die Ansicht des Klägers zuträfe, der Begriff des Versicherungsrechts also demjenigen in § 14a FAO entspräche, wären auch für den Titel eines Fachanwalts für Verkehrsrecht besondere Kenntnisse in allen neun aufgeführten Bereichen aus dem Versicherungsrecht erforderlich. Ein sachlicher Grund dafür ist jedoch nicht ersichtlich. Überdies wären die in § 5 Abs. 1 lit. h FAO einerseits, in § 5 Abs. 1 lit. k FAO andererseits vorgesehenen Fallzahlen und die jeweils angeordnete Verteilung der Fälle auf einzelne Bereiche nicht verständlich.

Nur dieses Ergebnis entspricht den Erwartungen des rechtsuchenden Publikums, für das die Fachanwaltsbezeichnungen maßgeblich bestimmt sind. Wer einen Fachanwalt für Verkehrsrecht aufsucht, rechnet nicht damit, dass dieser seine besonderen praktischen Erfahrungen zu einem wesentlichen Teil auf Teilgebieten des Versicherungsrechts gesammelt hat, die in keinerlei Zusammenhang mit einem verkehrsrechtlichen Vorgang standen.

Linkhinweis:

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