09.05.2012

BGH verneint Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB auf preisgebundenen Wohnraum

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB auf preisgebundenen Wohnraum sind nicht gegeben. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich vielmehr, dass es an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke im Gesetz fehlt.

BGH 9.5.2012, VIII ZR 327/11
Der Sachverhalt:
Hintergrund dieses Verfahrens ist die Frage, ob die Norm des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, nach der ein Vermieter im Falle einer Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer erhöhten Miete nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen kann, auch im preisgebundenen Wohnraum anwendbar ist. Im Streitfall überließ die Klägerin, eine Wohnungsbaugenossenschaft, der Beklagten durch Dauernutzungsvertrag von März 2005 aus ihrem Bestand eine öffentlich geförderte preisgebundene Wohnung in Hamburg.

Aus Anlass der Betriebskostenabrechnung für 2007, bei der der Ansatz einzelner Posten zwischen den Parteien streitig ist, setzte die Klägerin für die Betriebs- und Heizkosten einen um 30,50 € höheren Vorauszahlungsbetrag für die Zeit ab Januar 2009 fest. Ferner erhöhte sie für die Zeit ab Juli 2009 die Grundnutzungsgebühr um 9,75 €. Die Beklagte zahlte in den Folgemonaten lediglich den bisherigen Betrag. Die Klägerin kündigte, gestützt auf den daraus errechneten Zahlungsrückstand, das Mietverhältnis mehrfach fristlos, hilfsweise fristgerecht.

AG und LG wiesen die Räumungsklagen der Klägerin ab. Das LG stützte die Klageabweisung darauf, dass die Klägerin in entsprechender Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht zur Kündigung berechtigt sei. Diese Vorschrift finde auch im preisgebundenen Wohnraum Anwendung. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB auf preisgebundenen Wohnraum nicht gegeben.

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich vielmehr, dass es an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke im Gesetz fehlt. Denn die Vorgängervorschriften des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB in § 3 Abs. 5 WKSchG und § 9 Abs. 2 MHG haben preisgebundenen Wohnraum von ihrem Anwendungsbereich ausdrücklich ausgenommen, da der Gesetzgeber der Ansicht war, dass die durch die zulässige Kostenmiete und die dadurch gezogenen festen Grenzen geprägten Regelungen für Mieterhöhungen im preisgebundenen Wohnraum dem Mieter einen ausreichenden Schutz gewähren.

An dieser Rechtslage hat sich durch die Schaffung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB nichts geändert, denn der Gesetzgeber wollte damit nur die Regelung des § 9 Abs. 2 MHG in das BGB übernehmen. Dies schließt es aus, anzunehmen, der Gesetzgeber habe den Geltungsbereich dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch auf den preisgebundenen Wohnraum ausdehnen wollen. Das LG wird nun im zweiten Rechtsgang die erforderlichen Feststellungen zu den Zahlungsrückständen der Beklagten und einem sich daraus ergebenden Kündigungsgrund zu treffen haben.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 63 vom 9.5.2012
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