Bisheriger Grenzwert für Cannabiskonsumenten im Straßenverkehr bleibt maßgeblich
OVG Münster 15.3.2017, 16 A 432/16 u.a.Die drei Kläger in den Verfahren 16 A 432/16, 16 A 550/16 und 16 A 551/16 sind 2014 bzw. 2015 bei Polizeikontrollen aufgefallen. Nach Blutentnahme wurde bei ihnen der psychoaktive Cannabisbestandteil THC (Tetrahydrocannabinol) in einer Konzentration von 1,1 bzw. 1,6 bzw. 1,9 ng/ml im Serum festgestellt. Daraufhin wurde ihnen von der Stadt Essen bzw. der Stadt Bochum die Fahrerlaubnis entzogen. Nach der Fahrerlaubnis-Verordnung ist nicht (mehr) fahrgeeignet u.a., wer zumindest gelegentlich - das heißt mehr als einmal in selbständigen Konsumakten - Cannabis konsumiert hat und nicht zwischen diesem Konsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen trennt.
Von mangelndem Trennen ist die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung zuletzt einhellig ausgegangen, wenn ein Kraftfahrzeug mit einem THC-Wert von 1,0 ng/ml oder mehr im Serum geführt worden ist. 2015 hat die Grenzwertkommisision - eine fachübergreifende Arbeitsgruppe, paritätisch besetzt von der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Gesellschaft für Forensische und Toxikologische Chemie - einen Grenzwert für die Frage des Trennens von 3,0 ng/ml THC im Serum vorgeschlagen.
Das VG wies die gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gerichtete Klage ab. Die Berufung der Kläger hatte vor dem OVG keinen Erfolg.
Die Gründe:
In allen drei Verfahren kann von jedenfalls gelegentlichem, also mehr als einmaligem Cannabiskonsum ausgegangen werden. Bei allen Klägern ist darüber hinaus von fehlendem Trennen zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen von Kfz auszugehen. Insoweit geht das OVG - abweichend von der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission - weiterhin von einem Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Serum aus.
Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist, dass schon bei einem solchen Wert nicht in jedem Einzelfall mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden kann, dass Beeinträchtigungen von verkehrssicherheitsrelevanten Fähigkeiten der Betroffenen vorliegen. Nach Anhörung des vormaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission als Sachverständige ergab sich kein durchgreifender Grund für eine davon abweichende Gefährdungseinschätzung; das gilt ungeachtet des von den Gutachtern dargestellten Umstandes, dass ein Wert von 1,0 ng/ml THC im Serum in Abhängigkeit vom individuellen Konsumschema ggf. auch nach einer längeren, d.h. mehrtägigen, Abstinenz auftreten kann und dem Betroffenen eine Nachwirkung in solchen Fällen nicht notwendigerweise vor Augen stehen muss.