Blindgänger und Amtshaftungsansprüche
OLG Oldenburg 19.5.2017, 6 U 58/15Ein Erschließungsträger hatte mit der Stadt Oldenburg einen städtebaulichen Vertrag abgeschlossen, in dem er sich verpflichtete, die Grundstücke im Planungsgebiet vor der Erschließung auf Blindgänger untersuchen zu lassen und der Stadt Oldenburg eine sog. Kampfmittelbeseitigungsbescheinigung vorzulegen. Ein Grundstück, das der Erschließungsträger an einen Bauträger weiterverkauft hatte, war ohne die Kampfmitteluntersuchung mit einer Wohnanlage bebaut worden, von der die Kläger je eine Wohnung erwarben.
Die Kläger nahmen daraufhin die Stadt Oldenburg in Anspruch. Sie waren der Ansicht, die Stadt habe sich die in dem Vertrag versprochene Bescheinigung vorlegen lassen müssen. Die Stadt hielt dagegen, dass für die Kampfmittelfreiheit der Bauherr und nicht die Stadt verantwortlich sei. Das LG wies die Klage mit der Begründung ab, dass keine akute Gefahr vorliege und die mittlerweile vermieteten Wohnungen offensichtlich bewohnbar seien. Auf die Berufung der Kläger hob das OLG die Entscheidung auf und gab der Klage statt.
Die Gründe:
Die Kläger haben gegen die beklagte Stadt einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung.
Die Stadt hat dadurch, dass sie sich die in dem städtebaulichen Vertrag vorgesehene Bescheinigung nicht hatte vorlegen lassen, ihre Amtspflicht zu konsequentem Verwaltungshandeln verletzt. Sie hätte vielmehr sicherstellen müssen, dass sich keine Blindgänger in dem neu zu bebauenden Gebiet befänden und den Baubeginn erst nach der Vorlage der Bescheinigung zulassen dürfen.
Zwar waren die Kläger nicht Vertragspartei des städtebaulichen Vertrages. Der Vertrag entfaltet aber als Maßnahme der Bauleitplanung Außenwirkung. Die Erwerber der Eigentumswohnungen durften sich darauf verlassen, dass die Stadt die Kampfmittelfreiheit des Geländes überwachen würde, nachdem sie den Erschließungsträger in dem städtebaulichen Vertrag zur Vorlage der Kampfmittelbeseitigungsbescheinigung verpflichtet hatte. Aufgrund des Verdachtes auf Blindgänger wurde der Wert der Wohnungen herabgesetzt, weil ein Weiterverkauf oder eine Vermietung schwierig sein wird.