Blockwahlrecht nach § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 KStG 2002 i.d.F. des Korb II-Gesetzes kein rückwirkendes Ereignis
KurzbesprechungAO §§ 233, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
KStG 2002 § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2
Nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO beginnt der Zinslauf grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Im Streitfall war dies am 1.4. 2003, für die nach § 30 Nr. 3 KStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 2001 entstandene Körperschaftsteuer.
Streitig war nun, ob die Einführung des Blockwahlrechts in § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 KStG 2002 n.F. oder die entsprechende Wahlrechtsausübung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 233a Abs. 2a i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellt.
Der BFH entschied, dass sich die Bezugnahme auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO in dem in § 233a Abs. 2a AO enthaltenen Klammerzusatz insoweit auf die Voraussetzung des rückwirkenden Ereignisses beschränkt, sie jedoch nicht bedeutet, dass auch die verfahrensrechtlichen Erfordernisse dieser Vorschriften erfüllt sein müssten. Im Streitfall lagen jedoch die (materiellen) Voraussetzungen eines rückwirkenden Ereignisses i.S. des § 233a Abs. 2a i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO bezogen auf die Einführung des Blockwahlrechts in § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 KStG 2002 n.F. bzw. die entsprechende Wahlrechtsausübung nicht vor.
Denn der Begriff "Ereignis" umfasst alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge; dazu rechnen nicht nur solche mit ausschließlich rechtlichem Bezug, sondern auch tatsächliche Lebensvorgänge. Ein solches Ereignis wirkt steuerlich in die Vergangenheit, wenn an Stelle des zuvor verwirklichten nunmehr der veränderte Sachverhalt der Besteuerung zu unterwerfen ist. Ein nachträgliches Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung muss demgemäß zu einer Änderung des Sachverhalts führen, den die Finanzbehörde bei der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat, und nicht nur zu einer veränderten rechtlichen Beurteilung des nämlichen Sachverhalts.
Nach diesen Maßstäben ist in der bloßen rückwirkenden Änderung steuerrechtlicher Vorschriften bereits deshalb kein rückwirkendes Ereignis zu sehen, weil sich dadurch der dem Steuertatbestand zugrunde liegende Lebenssachverhalt nicht ändert. Denn eine rückwirkende Änderung steuerrechtlicher Vorschriften gestaltet nicht den bereits bestandskräftig geregelten Einzelfall i.S. der §§ 118 Satz 1, 155 AO (den Sachverhalt), sondern wirkt lediglich auf die rechtlichen Grundlagen eines solchen Steuerverwaltungsakts ein.
Auch die Ausübung des Blockwahlrechts nach § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 Satz 1 KStG 2002 n.F. stellte kein rückwirkendes Ereignis dar, da sie nicht zu einer rückwirkenden Sachverhaltsänderung führte, sondern nur auf eine Veränderung der dem bereits verwirklichten Sachverhalt zuzuordnenden Rechtsfolgen abzielte. Der Antrag schaffte mithin keine neue Sachverhaltslage; vielmehr erfüllte der unveränderte Lebenssachverhalt weiterhin --wie bereits vor Stellung des Antrags-- den Tatbestand des § 14 Abs. 1 KStG 1999 n.F. Demgemäß ist auch § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 Satz 1 KStG 2002 n.F. lediglich auf die Nichtanwendbarkeit der Rechtsfolge des § 14 Abs. 1 KStG 1999 n.F. für 2001 gerichtet.
BFH, Urteil vom 12.7.2017, I R 86/15, veröffentlicht am 22.11.2017.