Bloße Bitte um Verlegung eines Beurkundungstermins stellt keinen eigenständigen (neuen) Beurkundungsauftrag dar
BGH 19.1.2017, V ZB 79/16Die Antragstellerin stand mit der P-GmbH in Vertragsverhandlungen über den Erwerb eines Grundstücks. Die P-GmbH wandte sich im September 2014 per Email an den Antragsgegner in seiner Eigenschaft als Notar mit der Bitte um Fertigung eines Kaufvertragsentwurfs und um einen Beurkundungstermin im Oktober. Der Notar übersandte der Antragstellerin per Email Ende September den Vertragsentwurf und teilte mit, dass er für den 10.10.2014 einen Beurkundungstermin reserviert habe. Die Antragstellerin dankte am selben Tage per Email und erklärte, dass die Beurkundung nach soeben erfolgter Absprache mit der P-GmbH am 30. oder 31.10.2014 stattfinden solle. Am Folgetag wurde zwischen dem Büro des Notars und der Antragstellerin als Beurkundungstermin der 30.10.2014 vereinbart.
Zur Beurkundung kam es nicht. Der Notar übersandte der Antragstellerin unter dem 29.6.2015 eine Kostenberechnung auf der Grundlage der Gebühren für die vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens. Das LG hob die Kostenberechnung auf Antrag der Antragstellerin auf. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Notars wurde vom OLG zurückgewiesen. Auch die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des OLG blieb vor dem BGH erfolglos.
Gründe:
Das OLG war rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Antragstellerin dem Notar die Notarkosten nicht aus § 29 Nr. 1 GNotKG schuldet.
Der Beurkundungsauftrag kann zwar auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Maßgeblich ist aber, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Die bloße Bitte um Verlegung eines Beurkundungstermins stellt sich allerdings auch aus dem objektivierten Empfängerhorizont des Notars regelmäßig nicht als eigenständiges Ersuchen um amtliches Tätigwerden dar, sondern lediglich als notwendige Mitwirkung an der Vorbereitung der Beurkundung.
Wollte man in jeder Vereinbarung eines Beurkundungstermins unabhängig von den Umständen des Einzelfalles einen eigenständigen Beurkundungsauftrag erblicken, so wäre derjenige, der zu einem von dem Notar mitgeteilten Beurkundungstermin verhindert ist, angesichts der Kostenfolge gehalten, Kontakt mit dem Notar zu vermeiden und die Terminsverlegung ausschließlich mit demjenigen zu vereinbaren, der den Beurkundungsauftrag erteilt hat. Die Haftung für die Kosten der Beurkundung kann aber nicht davon abhängen, auf welche Art und Weise die Verlegung des Termins für diese Beurkundung vereinbart wurde.
Der Ansicht des Notars, in der vorbehaltlosen Vereinbarung eines (neuen) Beurkundungstermins müsse ein eigenständiger Beurkundungsauftrag gesehen werden, war entgegenzuhalten, dass ein entsprechender Vorbehalt rechtlich unwirksam wäre. Der Notar handelt bei der Ausübung der Urkundstätigkeit ausschließlich als Träger eines öffentlichen Amtes, dem die Rechtssuchenden nicht als Vertragspartner, sondern in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis als Verfahrensbeteiligte gegenübertreten. Der Auftrag i.S.v. § 29 Nr. 1 GNotKG ist daher eine grundsätzlich bedingungsfeindliche Verfahrenshandlung. Die Erklärung eines Kostenschuldners, die Kosten der von ihm beauftragten Amtstätigkeit des Notars nicht übernehmen zu wollen, wäre unbeachtlich.
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