18.06.2018

Bockiges Pferd kann Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen

Ist eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, wonach ein Pferd leicht zu handhaben sein sollte und stellt sich später heraus, dass es für Anfänger ungeeignet ist, so kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Selbst mehrere Proberitte lassen nicht auf ein umfassendes Wissen bzw. grob fahrlässiges Unwissen schließen.

OLG Oldenburg 1.2.2018, 1 U 51/16
Der Sachverhalt:
Die Klägerin stammt aus New York. Sie hatte im Alter von 58 Jahren begonnen, Reitunterricht zu nehmen. Anschließend suchte sie ein umgängliches und leicht zu reitendes sowie lektionssicheres Lehrpferd, das für sie mit ihren geringen Erfahrungen geeignet sein sollte. Der Beklagte aus dem Landkreis Emsland stellte ihr das Pferd "Comingo" vor. Nach drei Proberitten kaufte die Klägerin das Pferd.

Später stellte sich heraus, dass das Pferd nicht so einfach zu handhaben war. So ließ es sich kaum longieren und musste beim Aufsteigen festgehalten werden. Die Klägerin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines "Sachmangels". Sie war der Ansicht, das Pferd habe nicht die vereinbarte Beschaffenheit. Der Beklagte ging allerdings nicht darauf ein. Er hielt vielmehr dagegen, dass es sich bei "Comingo" um ein braves und leicht zu handhabendes Pferd handele.

Das OLG gab der Klage in zweiter Instanz statt.

Die Gründe:
Die Klägerin kann das Pferd an den Beklagten zurückgeben und erhält im Gegenzug den Kaufpreis von 55.000 € erstattet.

Die Parteien hatten eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Danach sollte das Pferd leicht zu handhaben sein. Dies traf allerdings nicht zu. So hatten Zeugen bestätigt, dass sich das Tier misstrauisch verhalte, sich in der Box nicht greifen lasse und nervös und unberechenbar sei. Einer hinzugezogenen Sachverständigen war es zwar gelungen, das Pferd unter großer Vorsicht zu longieren. Es handelt sich ihrer Ansicht nach aber um ein sehr sensibles Tier, für dessen Handhabung besondere Erfahrungen notwendig sind. Infolgedessen ist es für einen Anfänger nicht geeignet.

Es konnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin der Mangel des Pferdes - trotz der Proberitte - umfassend bekannt war oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Dies hätte eine Rücktrittsberechtigung ausgeschlossen.

Die musste dem Beklagten letztlich auch keine Frist zur Nacherfüllung setzen. Denn eine Nacherfüllung durch Lieferung eines Ersatzpferdes schied aus. Schließlich hatten sich die Parteien auf den Verkauf eines bestimmten Pferdes und nicht auf die Lieferung eines quasi "austauschbaren" Pferdes geeinigt.

OLG Oldenburg PM vom 18.6.2018