07.07.2017

Differenzbesteuerung beim "Ausschlachten" von Gebrauchtfahrzeugen

Die Differenzbesteuerung ist auch dann anwendbar, wenn ein Unternehmer Gegenstände liefert, die er gewonnen hat, indem er zuvor von ihm erworbene Gebrauchtfahrzeuge zerlegt hat.

Kurzbesprechung
BFH v. 23.2.2017 - V R 37/15

UStG § 25a Abs. 1
MwStSystRL Art. 311 Abs. 1 Nr. 1, Art. 315, 318

Nach § 25a Abs. 1 UStG gilt für die Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen unter bestimmten Voraussetzungen eine Besteuerung nach Maßgabe der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG). Zu diesen Voraussetzungen gehört insbesondere, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist, wobei als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG), und dass die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG).

Handelt ein Unternehmer mit Fahrzeugteilen, die er durch Zerlegung von zu diesem Zweck erworbenen Fahrzeugen gewinnt, handelt er nach Auffassung des BFH mit beweglichen körperlichen Gegenständen i.S. des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, die i.S. des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG an ihn geliefert werden. Er verweist hierzu auf die EuGH-Entscheidung Sjelle Autogenbrug (EU:C:2017:20), wonach Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL dahingehend auszulegen ist, dass gebrauchte Teile, die aus Altfahrzeugen, die ein Autoverwertungsunternehmen von einer Privatperson erworben hat, stammen und als Ersatzteile verkauft werden sollen, "Gebrauchtgegenstände" im Sinne dieser Bestimmung sind. Dies hat zur Folge, dass die Lieferungen solcher Teile durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung unterliegen.

Der BFH konnte jedoch nicht durchentscheiden, sondern verwies den Streitfall an die Vorinstanz zur weiteren Sachaufklärung zurück, da das FG - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - keine Feststellungen zu den Einkaufs  und Verkaufspreisen der vom Steuerpflichtigen gelieferten Gegenstände getroffen hatte. Denn nach § 25a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 UStG wird der Umsatz nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Der Wiederverkäufer kann nach § 25a Abs. 4 Satz 1 UStG die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze nach dem Gesamtbetrag bemessen, um den die Summe der Verkaufspreise und der Werte nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums übersteigt (Gesamtdifferenz). Die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz ist nach § 25a Abs. 4 Satz 2 UStG nur bei solchen Gegenständen zulässig, deren Einkaufspreis 500 € nicht übersteigt.

Der Umsatz i.S. des § 25a Abs. 3 UStG ist für jeden vom Wiederkäufer gelieferten Gegenstand einzeln zu bestimmen. Die Steuerbemessungsgrundlage, die nach der Differenzbesteuerung bestimmt wurde, muss sich aus Aufzeichnungen ergeben, die es ermöglichen, zu überprüfen, ob sämtliche Voraussetzungen für die Anwendung dieser Regelung erfüllt sind.

Im Streitfall wurden bisher jedoch weder Einkaufs - und Verkaufspreise für die einzelnen vom Steuerpflichtigen gelieferten Gegenstände ermittelt noch war erkennbar, dass der Steuerpflichtige die von ihm ausgeführten Lieferungen zutreffend der Besteuerung nach der Gesamtdifferenz unterworfen hätte.

BFH, Urteil vom 23.2.2017, V R 37/15, veröffentlicht am 5.7.2017
Verlag Dr. Otto Schmidt